Die CDU-Fraktion erhebt die Wahlrechtsfrage zur Machtfrage. Das spaltet die Landespartei und wächst sich zu einer doppelten Krise aus, kommentiert StZ-Autor Reiner Ruf.

Stuttgart - Der Streit über das Landtagswahlrecht wächst sich zu einer doppelten Krise aus: Wenn sich die CDU-Fraktion einer Reform verweigert, die im grün-schwarzen Koalitionsvertrag vereinbart ist, dann bedeutet dies nichts weniger als einen Vertrauensbruch. Gravierender erscheint aber der Machtkampf in der CDU selbst. Man mag darüber grübeln, ob das Veto von Fraktionschef Wolfgang Reinhart eher offensiv oder defensiv motiviert ist: Offensiv, um die eigenen Ambitionen auf die Spitzenkandidatur bei der nächsten Landtagswahl zur Entfaltung zu bringen – was nur möglich ist, wenn er CDU-Landeschef Thomas Strobl zu Fall bringt. Oder defensiv, um die eigene Machtstellung in der Landtagsfraktion zu zementieren.

 

Einerlei: Im Ergebnis bereiten Reinhart und seine Fraktion ihrem ungeliebten Vormann Strobl ein Desaster. Denn dieser hat sich, nachdem er 2011 den Landesvorsitz von Stefan Mappus übernommen hatte, als Parteimodernisierer profiliert – zumindest in seiner Rhetorik. Dazu gehört auch, die altbacken daherkommende Partei für Frauen attraktiver zu machen. Zum Beispiel durch mehr Frauen im Landtag. Ob das Wahlrecht das richtige Mittel ist, die CDU zu erneuern, ist eine andere Frage. Aber mit der Verbindung von Frauenfrage, Wahlrecht und innerparteilichem Machtkampf versenkt sich die CDU selbst.