Der Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke und der Europaabgeordnete Michael Theurer sind interessiert, die Nachfolge von FDP-Landeschefin Birgit Homburger anzutreten. Ihre Kandidatur erklärt haben beide jedoch noch nicht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke und der Europaabgeordnete Michael Theurer sind interessiert, die Nachfolge von FDP-Landeschefin Birgit Homburger anzutreten. Beide hätten jedoch noch nicht ihre Kandidatur, sondern zunächst nur die Bereitschaft erklärt, das Amt zu übernehmen, „wenn die Partei es wünscht“. Dies berichtete Homburger am Tag nachdem sie in Präsidium und Vorstand ihren Verzicht erklärt hatte.

 

Sie habe „schon vor einiger Zeit“ entschieden, beim Landesparteitag am 2. November nicht wieder anzutreten, dies aber wegen der Bundestagswahl nicht öffentlich gemacht, sagte Homburger. Nach der „dramatischen Niederlage“ der FDP sei auch in Baden-Württemberg ein personeller Neuanfang nötig. In einer „so bescheidenen Situation“ müsse man dankbar sein, „dass es Persönlichkeiten gibt, die bereit sind, den Karren zu ziehen“; der Landesvorsitz sei in nächster Zeit „sicher nicht vergnügungssteuerpflichtig“.

Die Basis wird zu Regionalkonferenzen geladen

Gelegenheit zur Mitsprache soll die Basis noch vor dem Parteitag in vier Regionalkonferenzen bekommen. Diese seien offen für alle Mitglieder, aber sonst nicht öffentlich, sagte Homburger. Dabei dürften die möglichen Kandidaten die Stimmung testen. Man wolle „in die Partei hineinhören“, sagte die Noch-Vorsitzende, die sich zu ihrer Nachfolge „in keiner Weise äußern“ will. In dem „Dialogprozess“ könne sich auch ergeben, dass die Basis jemand anderes wolle: „Es ist alles offen.“

Der Europaabgeordnete Theurer forderte eine „Neuaufstellung der FDP von unten, die von den Mitgliedern getragen wird und diese motiviert“. Seine Entscheidung über eine Kandidatur werde von den Gesprächen mit der Parteibasis abhängen. Er sei bereit, den Vorsitz zusätzlich zu seinem Mandat als Europa-Abgeordneter und Vorsitzender des Haushaltskontrollausschusses des EU-Parlaments zu übernehmen. Der Fraktionschef Rülke hatte noch am Wahlabend erklärt, im Fall von Homburgers Rückzug sei er bereit, sich an der Diskussion über die Nachfolge zu beteiligen. Anders als von Theurer gab es von ihm am Dienstag zunächst keine Erklärung.

Homburgers Stellvertreter haben kein Interesse

Kein Interesse am Landesvorsitz haben laut Homburger die drei bisherigen Stellvertreter, die Noch-Bundestagsabgeordneten Hartfrid Wolff und Florian Toncar sowie der Mannheimer Stadtrat Volker Beisel. Der frühere Landesvorsitzende Walter Döring, der sich im vorigen Herbst als Retter der FDP angeboten hatte, habe bei den Personalüberlegungen keine Rolle gespielt. „Ich wüsste auch nicht, warum“, fügte Homburger hinzu. Angesichts einer drohenden Kampfkandidatur gegen Döring hatte sie das Amt des Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl dem Entwicklungsminister Dirk Niebel überlassen.

Anders als der Parteinachwuchs, der Niebel kritisiert hatte, lobte die Landeschefin ihn für seinen Einsatz im Wahlkampf. Auch sie selbst habe von den Gremien für ihr Engagement viel Zuspruch erfahren. Für die Niederlage der FDP nannte Homburger mehrere Gründe: Nach dem fulminanten Sieg von 2009 habe man mit dem schlecht verhandelten Koalitionsvertrag schon „den Start vermasselt“. Später sei die liberale Agenda komplett von der Euro-Krise überlagert worden. Zudem hätten die Menschen die Partei „oft als zerstritten wahrgenommen“; das werde nicht goutiert.

Die Abgewählte kümmert sich um ihre Mitarbeiter

Homburger zeigte sich aber zuversichtlich, dass die FDP in der außerparlamentarischen Opposition überleben und wieder erstarken werde. Es gebe in Deutschland „viele Menschen, die eine freiheitliche Politik wollen“; diese hätten sonst keine politische Heimat mehr. Sie selbst „brenne nach wie vor für die liberale Sache“ und werde sich auf Kreis- oder Bezirksebene weiter engagieren; eine Kandidatur für ein Bundesgremium schloss sie dagegen aus.

Die 48-jährige Homburger stand seit 2004 an der Spitze der Landes-FDP. Sie hatte das Amt nach dem Rücktritt Dörings in einer schweren Krise übernommen und die Partei wieder stabilisiert. In ihre Amtszeit fielen die größten Erfolge, aber auch die schwersten Niederlagen der Südwest-Liberalen. Dem Bundestag gehörte die Verwaltungswissenschaftlerin und frühere Juli-Chefin seit 1990 an. Zu ihren beruflichen Plänen sagte sie nur, sie werde sich nun „etwas anderes“ suchen. Zunächst aber kümmere sie sich um ihre Mitarbeiter, die mit dem Mandat ihre Jobs verlieren.