Dank ihrer Eignerstruktur hat die Bank die Zeit, ihren technischen Rückstand aufzuholen. Die Nagelprobe wird kommen, wenn Jobs in Gefahr geraten, kommentiert StZ-Autor Michael Heller.

Stuttgart - Die Fähigkeit zur Selbstkritik ist in der Bankenbranche nicht besonders ausgeprägt. Daran hat das Fiasko der globalen Finanzkrise ebenso wenig geändert wie die Dauerdebatte um Gehaltsexzesse sowie Geschäfte am Rande der Legalität und darüber hinaus. Deshalb ist es umso bemerkenswerter, dass LBBW-Chef Rainer Neske jetzt mit Blick auf die Vergangenheit von „einem verlorenen Jahrzehnt für die Modernisierung der Bankenbranche“ gesprochen hat. Entschuldigend hat er angefügt, dass damals die Chefs voll und ganz mit der Bewältigung der Krise beschäftigt gewesen seien. Ob diese Erklärung trägt, sei dahin gestellt.

 

Börsennotierte Banken tun sich schwerer

Ebenso gut ließe sich sagen, dass die Banker mit ihrer Neigung zur Überheblichkeit die Bedrohung durch die technische Entwicklung unterschätzt, wenn nicht gar ignoriert haben. Sei’s drum. Der Befund ist richtig. Dass es einer Nicht-Bank wie dem Zahlungsdienstleister Paypal gelungen ist, an sämtlichen Kreditinstituten dieser Welt vorbei zur Nummer eins bei der Abwicklung von Online-Rechnungen zu werden, spricht Bände. Die LBBW musste bisher mit der Hypothek leben, mindestens so vielen IT-Systeme wie Vorgängerinstitute zu haben. Das waren schlechte Startbedingungen, aber Neske hat begonnen, die Defizite – kaum eine Bank arbeitet so teuer wie die LBBW – zu beheben. Dass dabei nicht gespart wird, ist eine richtige Entscheidung. Neskes Glück dabei ist, dass er nur seinen drei öffentlich-rechtlichen Eigentümern erklären muss, warum die Kosten und die Rendite in den nächsten drei oder vier Jahren nicht die allerhöchste Priorität haben werden. Eine börsennotierte Bank würde sich da deutlich schwerer tun.

Es ist absehbar, dass Jobs verschwinden werden

Neske kann also mit der Geduld der Eigner rechnen, aber Ergebnisse muss er trotzdem liefern. Hohe Investitionen schaffen dafür nur gute Voraussetzungen. Die Nagelprobe wird dann kommen, wenn Innovationen wie die Blockchain-Technologie anfangen, traditionelle Bankjobs überflüssig zu machen. Denn diese Entwicklung ist absehbar. Trotzdem ist der Vorstandschef darauf angewiesen, dass die Mitarbeiter mitziehen. Er wird ihnen eine Perspektive vermitteln müssen.