Wieland Backes gastiert als Schauspieler in Fellbach. Er gehört zum Ensemble der Landesbühne Esslingen. Im Interview spricht er über Lampenfieber und seine Erfahrungen als Regisseur.

Fellbach - Gleich an zwei Abenden können die Zuschauer den 71-Jährigen in der Schwabenlandhalle erleben. Er gehört zum Ensemble der Landesbühne Esslingen, die am Montag und Dienstag, 23. und 24. Oktober, jeweils um 20 Uhr im Hölderlinsaal die schwäbische Komödie „Der Sheriff von Linsenbach“ von Oliver Storz präsentiert. Wieland Backes ist dabei in mehreren Nebenrollen zu sehen.

 
Herr Backes, wer im „Nachtcafé“ Millionen Fernsehzuschauer unterhält, wird auch mit ein paar Hundert Besuchern im Theater klarkommen. Oder haben Sie noch Lampenfieber vor den Auftritten?
Natürlich ist das Lampenfieber eher unter Kontrolle zu halten, wenn man, wie ich, seit Jahrzehnten vor ein Publikum tritt. Und trotzdem ist Theaterspielen etwas anderes als Moderieren – speziell in dieser Inszenierung, bei der ich mir eine komplizierte Choreografie einprägen musste: Wann muss ich in welchem Kostüm an welchem Ort sein? Das hat mich anfangs ganz schön auf Trab gehalten. Inzwischen hat sich das alles eingeprägt, und der Text sitzt nach bald 30 Aufführungen so fest, dass man, würde man mich nachts aus dem Schlaf reißen, ich munter den Rathauspförtner geben könnte.
Wie kam’s überhaupt dazu, dass Sie nun Schauspieler sind?
Intendant Friedrich Schirmer war mehrfach Gast im Nachtcafé – übrigens ein außergewöhnlich interessanter. Wir saßen dann mal, nach meiner Nachtcafé-Zeit, im Literaturhaus bei einem Glas Wein zusammen, und aus einer Laune heraus machte ich ihm den nicht ganz ernst gemeinten Vorschlag: „Ich könnte doch mal bei Ihnen Theater spielen?“ Er zögerte kurz, dann spielte er den Ball zurück und meinte: „Ja, da fällt mir etwas ein.“
Gab’s denn ein Casting – oder sind Sie ein Naturtalent?
Vor dem endgültigen Handschlag wurde eine „Probe vor der Probe“ angesetzt. Ich musste mit dem Hauptdarsteller eine kurze Szene aus dem „Sheriff von Linsenbach“ vorspielen und fand glücklicherweise das Wohlgefallen der Regisseurin Christine Gnann.
Wie schwer ist das Auswendiglernen? Was ist mit der hochdeutschen oder schwäbischen Aussprache?
Meine Textvolumina sind nicht so groß, dass es ernsthafte Probleme gab. Ich habe die Dialoge mit dem Smartphone aufgenommen und mir beim Joggen an den Bärenseen in Stuttgart so oft ins Ohr gespielt, bis sie saßen. Das Stück ist ja überwiegend in schwäbischer Mundart. Nun bin ich zwar kein Schwabe, aber in dem Dorf, in dem ich aufwuchs, habe ich es mir allein schon um zu überleben wie ein „Native Speaker“ angeeignet.
Wie reichhaltig sind denn Ihre Erfahrungen als Akteur oder Regisseur?
Ich stamme aus einer theateraffinen Familie. Meine Eltern haben als Lehrer an ihren Schulen Stücke aufgeführt, und ich durfte schon im Vorschulalter als Statist mit auf die Bühne. Einer meiner älteren Brüder war Berufsschauspieler. Theater machen, ins Theater nach Stuttgart fahren, das war bei uns keine Seltenheit. Im fortgeschrittenen Schulalter habe ich dann, ganz ohne Lehrerhilfe, die Komödie „Pygmalion“ von George Bernard Shaw inszeniert und – größenwahnsinnig wie ich war – gleich auch noch die Hauptrolle gespielt.
Die Esslinger Zeitung spricht nun von einem „Besetzungscoup“ – sehen Sie sich als Star der Aufführung?
Da ist wohl eher etwas Demut und Bescheidenheit angebracht. Ich darf in diesem Stück mit sehr guten, hochprofessionellen Schauspielern auftreten. Dafür sollte ich erst mal dankbar sein.
Machen sie doch noch ein bisschen Werbung: Warum sollte man am Montag oder Dienstag in die Schwabenlandhalle gehen?
lm „Sheriff von Linsenbach“ zeichnet Autor Oliver Storz, auf höchst witzige Art und Weise, die Mentalität eines schwäbischen Ordnungsfanatikers nach. Da darf mindestens so viel gelacht wie gedacht werden.
Folgen weitere Schauspiel-Einsätze?
Für die nächste Spielzeit stehe ich schon unter Vertrag. Ab 2. Februar 2018 können Sie mich in der Theater-Uraufführung von Helmut Dietls Komödie „Schtonk“ sehen.
Freitagabend „Nachtcafé“, mittlerweile mit Michael Steinbrecher – ein Pflichttermin für den Fernsehzuschauer Wieland Backes? Oder zappen Sie lieber woanders hin?
Da möchte ich ganz ehrlich sein: Eine Sendung, die ich begründet und über 28 Jahre selbst moderiert habe, jetzt mit dem neuen Moderator regelmäßig anzuschauen – das wäre mir doch zu anstrengend. Und dies, obwohl mir mein Nachfolger sehr gut gefällt.
Zuletzt sind sie vor allem mit dem Projekt „Aufbruch“ in Stuttgart bekannt geworden. Wie realistisch ist die Vision einer Bundesstraße ohne Autos?
„Aufbruch Stuttgart“ ist eine noch junge, quicklebendige Bürgerbewegung, die den Umbau von der autogerechten zur menschengerechten Stadt vorantreiben will und Visionen für die Stadt der Zukunft Wirklichkeit werden lassen will. Seit wir am Horizont der Landeshauptstadt aufgetaucht sind, ist allenthalben ein frischer Wind zu spüren. Ein Wettbewerb wird ausgeschrieben, über Tunnellösungen oder einen Stadtboulevard wird neu nachgedacht. Wenn es uns gelingt, den Verkehr zu reduzieren oder wenigstens in großen Teilen unter die Erde zu bringen, dann ist Stuttgart ein gutes Stück lebenswerter geworden – und das ist inzwischen nicht mehr jenseits des Vorstellungsvermögens.