Wegen des Streits um einen weiteren Vorstand soll der Aufsichtsrat des Verkehrsunternehmens SWEG „unverzüglich“ zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Das hat das Finanzressort mit dem grünen Chefaufseher vereinbart. Derweil prüft die Staatsanwaltschaft, ob sie tätig werden soll.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der Aufsichtsrat der SWEG Südwestdeutsche Verkehrs-AG soll „unverzüglich“ zu einer Sondersitzung zusammentreten, um über die umstrittene Suche nach einem weiteren Vorstandsmitglied zu beraten. Darauf haben sich die Vertreter des Finanz- und Wirtschaftsministeriums mit dem Vorsitzenden des Gremiums, dem Amtschef Wolfgang Reimer (Grüne) vom Agrarministerium, geeinigt. Wie ein Sprecher des Doppelressorts von Nils Schmid (SPD) der Stuttgarter Zeitung sagte, hätten die dort angesiedelte Beteiligungsverwaltung und die Ministeriumsvertreter im Aufsichtsrat dem Chefkontrolleur zuvor „ihre Haltung dargelegt“. „Das weitere Vorgehen obliegt nunmehr dem Aufsichtsrat der SWEG“, fügte der Sprecher hinzu.

 

In einem Schreiben an Reimer hatte Schmids Amtschef beanstandet, dass der Chefaufseher im Alleingang die Suche nach einem dritten Vorstandsmitglied eingeleitet habe. Damit habe er in mehrfacher Weise seine Kompetenzen überschritten: Er dürfe nicht eigenmächtig die Bestellung von Vorstandsmitgliedern vorantreiben und schon gar nicht die Anzahl der Vorstandsposten verändern; dies stehe nur dem Gesamtgremium zu. Zudem sei versäumt worden, das für die Landesunternehmen zuständige Finanzministerium rechtzeitig einzubinden. Dies sei erst recht erforderlich, wenn die Nachfolge eines Vorstandsmitglieds bereits zwei Jahre vor dessen Ausscheiden geregelt werden solle. Es geht um den Technik-Vorstand Wolfgang Gerstner, der 2018 in den Ruhestand treten wird; der Vorstandssprecher Johannes Müller soll hingegen bleiben.

Keine weiteren Kosten für Personalberater

Reimer hatte gegenüber der StZ erklärt, der Vorwurf eines Alleinganges sei „nicht zutreffend“. Es gehe um die „reibungslose Übergabe“ der Vorstandsgeschäfte. Da sei es üblich, dass der Aufsichtsratsvorsitzende die Initiative ergreife. Von Differenzen mit dem Finanzministerium hatte der Amtschef von Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) zunächst nichts erwähnt. Nachträglich ließ er ausrichten, es habe inzwischen ein klärendes Gespräch mit den Vertretern des Ressorts gegeben.

Das Finanzministerium hatte darauf gedrungen, das Besetzungsverfahren bis auf weiteres zu stoppen. Insbesondere seien weitere Kosten für die eingeschaltete Personalberatung zu vermeiden. Beauftragt ist nach StZ-Informationen das Unternehmen Odgers Berndtson – jene international tätige Beratungsfirma, in deren Frankfurter Büro die frühere FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger nach ihrem Rückzug gewechselt war. Homburger soll jedoch weder mit der Akquise noch mit der Betreuung des Mandats befasst gewesen sein.

Staatsanwaltschaft leitet Prüfung ein

Auf der Grundlage des StZ-Berichtes prüft nun auch die Staatsanwaltschaft Offenburg „das weitere Vorgehen“. Man habe von dem Sachverhalt bisher keine Kenntnis gehabt und sei daher noch nicht tätig geworden, sagte ein Behördensprecher. Im Schreiben des Finanzministeriums an Reimer hatte es geheißen, sein Vorgehen entspreche „nicht dem Gesetz“ und der Satzung der SWEG. Zuvor war eine von dem Ressort beauftragte Anwaltskanzlei zu dem Ergebnis gekommen, der Chefaufseher habe sein Amt „nicht nach Maßgabe der Gesetze“ und der SWEG-Regeln ausgeübt; daher liege wohl eine Pflichtverletzung vor.

Für den FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke fügt sich der Vorgang ins Bild der Regierungspartei. „Es ist schon länger zu beobachten, dass sich die Grünen mit einer bislang ungekannten Dreistigkeit das Land Baden-Württemberg zur Beute machen“, sagte er der StZ. Bevor die Regierung im März 2016 abgewählt werde, wolle sie „wenigstens einige Büchsenspanner und Helfershelfer gut versorgt wissen.“