Der Pflichtunterricht im Land sei nicht gesichert, die Schüler fallen in den Leistungsvergleichen immer mehr ab, und die Regierung habe nur das Sparen im Sinn. Der Landeselternbeirat hat ein düsteres Bild von der Lage in baden-württembergischen Klassenzimmern gezeichnet.

Stuttgart - Mit scharfen Worten hat Carsten Rees, der Vorsitzende des Landeselternbeirats (LEB), die Bildungspolitik des Landes an den Pranger gestellt. Er bezeichnete es als Lüge, dass für die Bildung keine zusätzlichen Ausgaben möglich seien. „In den Haushalten ist genug da“. Auch macht er eine „Normalitätslüge“ aus, von einer normalen Unterrichtsversorgung könne keine Rede mehr sein. „Es gibt keinen gesicherten Pflichtunterricht mehr, das hat mit geregeltem Unterricht nichts mehr zu tun“, schimpfte Rees.

 

Konkrete Zahlen zur Unterrichtsversorgung legte der LEB nicht vor. Die Ausfälle würden kaschiert und die Statistiken geschönt, warf Rees der Landesregierung vor. Auch das Kultusministerium könne den Unterrichtsausfall nicht konkret beziffern.

„Mehr Lehrer ins System“

Seit 15 Jahren seien baden-württembergischer Schüler in den Vergleichstudien „auf dem absteigenden Ast“, „aber die jetzige Landesregierung hat nur den Sparkurs im Sinn“, klagte Rees. Der grüne Teil der Regierung lasse sich „am Nasenring durch die Arena führen“. Der LEB wendet sich entschieden gegen die Streichung von Lehrerstellen, er fordert „es müssen mehr Lehrer ins System“, das Geld dafür sei da. Die Eltern kritisieren auch, dass viele Lehrerstellen nicht besetzt seien.

Beifall kommt von der oppositionellen SPD. Den Plan der Regierung im aktuellen Haushalt 1074 Stellen einzusparen, nannte ihr bildungspolitischer Sprecher Stefan Fulst-Blei „ein Vergehen an der Zukunft der Schüler“.

FDP warnt vor Vertrauensverlust in die Landespolitik

Die FDP interpretiert die harte Wortwahl des LEB-Vorsitzenden als Ausdruck der „Verzweiflung der Eltern“. Fachfremd erteilter Unterricht gehöre mehr denn je zum Schulalltag, die Suche nach Lehrern gestalte sich vielerorts zu einem verzweifelten Unterfangen. Die FDP verlangt, „ den tatsächlichen Bedarf an Lehrern fundiert zu erheben“. Wenn die Regierung hier nicht für Transparenz sorge, trage sie die Verantwortung für einen empfindlichen Vertrauensverlust in die Landespolitik insgesamt, wie er sich in den Äußerungen des LEB-Chefs zeige.

Eisenmann weist pauschale Vorwürfe zurück

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) ist erstaunt „über die pauschalen Vorwürfe des LEB-Vorsitzenden“. Die „in Detail unbelegten und damit auch nicht nachvollziehbaren Unterstellungen der Lüge und der Schönung von Statistiken“ wies sie „in aller Form zurück“. Zur Unterrichtsversorgung erklärte sie, in allen Schularten sei weniger Unterricht ausgefallen als im Vorjahr. Das habe die turnusmäßige Stichprobe im November ergeben. Allerdings könnten an einigen Orten langfristige Ausfälle durch Krankheiten, Mutterschutz und Elterzeit nicht kompensiert werden. Und das „trotz vorhandener Mittel“. Es fehle an Bewerbern.

Streit um Grundschulempfehlung

Scharfe Kritik übt der Landeselternbeirat auch am Vorhaben der Landesregierung, die Grundschulempfehlung an den weiterführenden Schulen vorlegen zu lassen. Die Eltern würden überwiegend verantwortungsvoll mit ihrer Entscheidungsfreiheit umgehen, sagte Rees und zitierte damit Kultusministerin Eisenmann.

Laut der jüngsten Statistik zur Schulwahl wechselten zu Beginn des aktuellen Schuljahrs 43,8 Prozent der Viertklässler auf ein Gymnasium, davon hatten 1,3 Prozent eine Grundschulempfehlung für die Hauptschule und 11,7 Prozent eine Empfehlung für die Realschule. In der Realschule wurden 33,7 Prozent der Viertklässler angemeldet. Von den neuen Realschülern hatten 25,2 Prozent eine Empfehlung für die Hauptschule und 18,6 Prozent eine für das Gymnasium. Eisenmann unterstrich, die Empfehlung sei eine pädagogische Einschätzung, sie basiere auch auf der regelmäßigen Beratung mit den Erziehungsberechtigten.