360 Millionen Euro sollen in Baden-Württemberg eingespart werden. Das betrifft auch das Personal. Die Beamten wollen einen Verzicht auf Kürzungen.

Stuttgart - Zwischen den Beamtenverbänden und der Landesregierung herrscht dicke Luft. Volker Stich, der Landesvorsitzende des Beamtenbunds, erklärt Grün-Rot kurzerhand für handlungsunfähig. Verbindliche Absprachen? Verlässliche Gesprächspartner? Fehlanzeige, sagt Stich, der sich vor allem mit den Grünen schwertut. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel wiederum hält dem Beamtenboss vor, er gehe mit seiner "Kriegsrhetorik" zu weit. So schlecht ist die Stimmung, dass man schon bis Erwin Teufel zurückgehen muss oder wenigstens bis in die späten Tage des Stefan Mappus, um auf eine vergleichbare Muffeligkeit stoßen.

 

Anlass für den Verdruss ist die von Grün-Rot verordnete Sparoperation im Landesetat 2012. Insgesamt 130 Millionen Euro holt die Regierung bei den rund 220.000 Beamten von Land und Kommunen ab. Davon entfallen 100 Millionen Euro auf eine mehrmonatige Verschiebung der Besoldungserhöhung, weitere 30 Millionen Euro sind den steigenden Kosten bei der Versorgung im Krankheitsfall geschuldet: die Kostendämpfungspauschale steigt, außerdem sollen die - vergleichsweise moderaten - Beiträge für Chefarztbehandlung und Doppelzimmer im Krankenhaus angehoben werden.

DGB-Landeschef Nikolaus Landgraf hält es für ungerecht, dass die Beamten bei steigenden Steuereinnahmen zur Kasse gebeten werden. "Einsparungen in solchen Zeiten finden keine Akzeptanz", sagt er. Beamtenbundchef Stich ergänzt, wenn die Regierung ein Sparopfer einfordere, dann hätte sie auch in anderen Ecken des Etats zulangen müssen. "Haben wir doch", erwidert Finanzminister Nils Schmid (SPD).

Kürzung um 360 Millionen Euro

Immerhin belaufe sich der Kürzungsbetrag, der die Nullverschuldung in diesem Jahr sichern soll, auf 360 Millionen Euro. Zum größeren Teil gehe die Sparoperation zu Lasten der Sachinvestitionen der Ministerien. Da aber das Personal etwa 40 Prozent der Ausgaben des Landes beanspruche, könne die Beamtenschaft nicht völlig außen vor bleiben.

Das Hinauszögern von Besoldungserhöhungen gab es schon mehrfach. Beamtenbundchef Stich hatte eine Verschiebung sogar selbst angeregt, jedoch im Gegenzug von Grün-Rot eine Vereinbarung zur Sicherung der Besitzstände der Beamten für die laufende Legislaturperiode verlangt. Einen vergleichbaren Deal hatte er bereits 2006 mit dem damaligen Regierungschef Günther Oettinger (CDU) ausgehandelt. Die Bezüge der Beamten und Pensionäre stiegen damals zeitlich und im Umfang gestaffelt, dazu gab es Abstriche beim Weihnachtsgeld.

Zugleich wurde aber diese Sonderzahlung in das Monatsgehalt integriert und damit dem direkten Zugriff der Regierung entzogen. Außerdem versprach Oettinger, die Beamten bis zum Ende der Legislatur im Jahr 2011 ungeschoren zu lassen. So hätte es Stich auch jetzt wieder gern. SPD-Fraktionschef Schmiedel nennt die Protestbekundungen des Beamtenbunds gegen das "Sonderopfer" denn auch "vorbeugende Unruhestiftung", um weitergehende Einschnitte zu verhindern - bei der Besoldung, bei der Beihilfe im Krankheitsfall und bei den Pensionen.

Keine Originalmedikamente mehr

Bei einem Gespräch mit Stich am Donnerstag zeigte sich Schmiedel diese Woche indes kooperativ, auch wenn er das Sparpaket im Etat 2012 nicht mehr aufschnüren wollte. Er hatte bei dem Treffen eine Expertise des Justizministeriums in der Tasche, welche die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts skizziert. Stich sagt, das Papier habe Schmiedels Konfliktbereitschaft mit den Beamten nicht gestärkt. Sinkt der Beihilfesatz für Pensionäre - etwa von derzeit 70 auf 60 Prozent -, dann steigt der Anteil der Krankheitskosten, die privat zu versichern sind.

Dies ist aber genau die Stellschraube, an der die Grünen drehen wollen. So lange die strukturellen Eingriffe nicht vom Tisch seien, warnt Stich, bleibe er auf Konfrontationskurs. Die Grünen indes wollen nicht klein beigeben. Fraktionschefin Edith Sitzmann verwies bei einem Treffen mit Stich auf die Sparkommission der grün-roten Koalition, deren Ergebnissen sie nicht vorgreifen wolle. Auch Stich ist in ihr vertreten. SPD-Fraktionschef Schmiedel sieht es so: das strukturelle Defizit im Landesetat beträgt 1,5 Milliarden Euro.

Bei einem Personalanteil von 40 Prozent entfällt ein Kürzungsbetrag von 600 Millionen Euro auf die Mitarbeiter. Das lasse sich, sagt Schmiedel, bis zum Jahr 2020 auch erbringen, ohne den Beamten allzu sehr wehzutun. Vorschläge hat er schon gemacht. Einer davon: die Beihilfe erstattet bei den Medikamenten anders als die gesetzliche Krankenversicherung immer noch alle Originalprodukte, auch wenn es wesentlich günstigere Nachahmerpillen gebe. Allein damit ließen sich stattliche Millionenbeträge sparen. Für Anfang März bereitet der Beamtenbund eine große Protestkundgebung vor.