Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) bringt den Landeshaushalt 2018/2019 ins Parlament ein. Das Zahlenwerk zeigt: Grün-Schwarz funktioniert, solange die Kassen voll sind. Ein Kommentar von StZ-Autor Reiner Ruf.

Stuttgart - Was für ein Glück es doch sein muss, in diesen Zeiten das Land zu regieren. Jeder neuen Steuerschätzung fiebert Grün-Schwarz entgegen wie einst der spanische Königshof den Silberflotten aus der Neuen Welt. Silbermünzen quellen aus prall gefüllten Truhen, Edelsteine leuchten, Golddukaten klimpern zu Boden. Mit einigem Recht lässt sich behaupten: Es ist das viele Geld, das diese Koalition zusammenhält. Es setzt sie in die beglückende Lage, ihren divergierenden Interessen zu frönen und ihre jeweilige Klientel zu bedienen. Man lebt nebeneinander her, satt und leidlich zufrieden.

 

Möglich macht das der einzigartige Steuersegen der vergangenen Jahre. Dazu kommt das historisch niedrige Zinsniveau, das den Landeshaushalt bei der Verlängerung auslaufender Kreditlinien entlastet. Mehr Polizisten für die CDU, mehr Naturschützer für die Grünen – nach diesem Muster wird der Schatz verteilt. Finanzministerin Edith Sitzmann von den Grünen hat für jeden etwas in ihrem Geschenkkorb, wenn sie an diesem Donnerstag den Doppeletat 2018/2019 im Parlament einbringt.

Im Glück der fetten Jahre

Wobei, auch das muss man sagen, die CDU besonders profitiert. Das liegt zum einen daran, dass die Christdemokraten über die größeren Ressorts gebieten – vorneweg das Kultusressort und das Innenministerium. Dessen Chef Thomas Strobl sicherte sich mit dem Thema Digitalisierung nicht nur ein zukunftsfrohes, sondern auch ein kapitalintensives Arbeitsfeld. Regelmäßig überreicht Strobl Förderbescheide für den Breitbandausbau an Scharen froh gestimmter Bürgermeister. Für die Schulen gab es im Zweifel schon immer zusätzliches Geld, aber auch das Justizressort wird dieses Mal mit reichlich Stellen versorgt.

Bei den Grünen liegen die Dinge nicht ganz so einfach. Zwar stehen auch sie im Glück der fetten Jahre, doch fehlen ihnen die Ideen, die ihrem Regieren über den Pflichten des Alltags hinaus Glanz verliehen. Ein Nationalpark im Schwarzwald, das wäre schon was. Aber den setzten sie ja nun schon in der vergangenen Legislatur durch. Und so gibt es wenig, was man mit den Grünen in der grün-schwarzen Koalition oder mit dieser als Ganzem verbindet. Der Laden brummt, weil fast jeder, der bekundet, ein Problem zu haben, einen Scheck erhält.

Die Scheinkonsolidierung der vergangenen Jahre

Was aber, wenn die Zeiten wieder schlechter werden? Von der Politik ist man gewohnt, dass sie zu kurzfristig denkt, um auf diese Frage eine Antwort zu geben. Zumal die deutsche Wirtschaft weiter wächst. Die Haushaltskonsolidierung der vergangenen Jahre war eher eine Scheinkonsolidierung, deren nachhaltige Wirkung in Zweifel gezogen werden muss. Einen Reformwillen, der auch einmal alte Zöpfe abschneidet, lässt Grün-Schwarz nicht erkennen. Dass diese sich als bürgerlich verstehende Koalition auch noch das Reparieren von maroden Straßen als Schuldenabbau etikettiert, lässt tief blicken. Ab dem nächsten Etat, dem von 2020, gilt das im Grundgesetz verankerte Neuverschuldungsverbot. Baden-Württemberg bekommt das fürs Erste hin. Aber was ist, wenn die Schatzschiffe eines Tages ausbleiben?