Unter unguten Vorzeichen haben die Chefgespräche über den baden-württembergischen Doppelhaushalt 2023/24 am Mittwoch in Stuttgart begonnen. Vor dem Start der Einzelgespräche von Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) über die Etats der Ministerien sieht alles danach aus, als hätten die grün-schwarzen Koalitionäre den Schuss nicht gehört: Der Krieg in der Ukraine und die Ausrufung der Gasalarmstufe lassen eine Rezession in Reichweite rücken und engen die Spielräume der öffentlichen Hand auch im Südwesten weiter ein.
Trotzdem ist die bevorzugte Ausstattung, mit der die Ressortchefs zu den Etatgesprächen mit dem Finanzminister antreten, offenbar die Spendierhose: Prioritätensetzung, Ausgabendisziplin, Suche nach Einsparmöglichkeiten im eigenen Etat? Klopft man auf die einschlägigen Büsche, dann ist es mit der Bereitschaft , den Gürtel enger zu schnallen, bei Grün-Schwarz nicht weit her.
Der Investitionsspielraum ist überbucht
In den Eckpunkten für den Doppelhaushalt hat die Koalition den Korridor für Mehrausgaben zwar auf 890 Millionen Euro für beide Haushaltsjahre beschränkt. Jetzt, wo es ernst wird, stimmt bei den meisten Vertretern der grün-schwarzen Koalition aber nur die Rhetorik – praktische Sparanstrengungen zieht das offenbar kaum nach sich.
Dem Vernehmen nach sind bei den Ministerien bisher durch die Bank kaum Priorisierungen zu erkennen, die geforderten Beiträge zur Konsolidierung werden nur unzureichend erbracht, und die Anmeldungen zum Finanzbedarf der Häuser „tragen bislang noch nicht der veränderten, schwierigen Haushaltslage Rechnung“. Im Klartext heißt das: Der Investitionskorridor ist deutlich, wenn nicht schon mehrfach überbucht. Sünden wider die Leitlinie zur Konzentration auf das Wesentliche gibt es viele.
Hartes Ringen um den Etat
Gemunkelt wird, dass mehrere Ministerien annähernd so viel frisches Geld ausgeben wollen, wie für alle Ressorts zusammen zur Verfügung steht. Dass die Fraktionschefs Manuel Hagel (CDU) und Andreas Schwarz (Grüne) Projekte wie die Ehrenamtskarte mit Vergünstigungen für alle ehrenamtlich Engagierten durchgesetzt oder einen neuen Strategiedialog für die Landwirtschaft erfunden haben, genießt zwar in der Sache viel Sympathie. Aus Sicht strenger Haushälter erfüllt es aber nicht die Anforderung an politische Prioritäten in schwieriger Zeit. Einen informellen Dialog über Landwirtschaft gebe es schließlich schon, ist zu hören. Solche Vorhaben kosten zwar – ebenso wie ein Schutzprojekt für Luchse oder eine neue Ladesäule direkt am Ministerium – keine hohen Millionenbeträge. Aber sie fallen eben auch nicht in die offiziellen Prioritäten Klimaschutz, Bildung, Innovation.
Finanzminister Bayaz wird hart kämpfen müssen, um alle Ministerkollegen auf wenige, echte Prioritäten herunterzuhandeln. Ob er es schafft, ist offen. Gespräche mit Justiz-, Staats- und Agrarministerium haben am Mittwoch den Auftakt gemacht. Am Montag und Dienstag stehen mit Innen-, Verkehrs-, Kultus- und Wissenschaftsministerium die großen Brocken auf dem Programm. „Wir können nicht alle Krisen mit Schulden finanzieren und die Lasten immer nur den nachfolgenden Generationen aufbürden“, hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei der Regierungspressekonferenz noch einmal betont. „Dazu müssen wir heute auch einen Beitrag leisten.“