Die grün-rote Landesregierung hat ihre Finanzplanung vorgelegt. Über die künftige Schuldenpolitik sagt sie aber nichts.

Stuttgart - Das Parlament steht in dieser Woche ganz unter dem Eindruck der Haushaltsberatungen . Am Mittwoch beginnt die zweite Lesung über das Staatshaushaltsgesetz mit der Debatte über den Etat des Staatsministeriums von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Bis Freitag werden sämtliche Ressorts sowie die Einzelpläne für den Landtag und den Rechnungshof abgearbeitet.

 

Während dieses Marathons wird es zu Streitereien über die Politik der Regierung kommen. Dass sich die Zahlen wesentlich ändern, ist aber nicht anzunehmen. Schließlich hat sich der Finanz- und Wirtschaftsausschuss bereits sechs Tage lang über die Zahlen gebeugt und dabei in dem 38,9-Milliarden-Euro-Komplex 80 Millionen Euro umgeschichtet.

Der größte Teil dieser Aktion war der Tatsache geschuldet, dass die Erträge der LBBW aufgrund der internationalen Schuldenkrise nicht ausreichen, um ihre stillen Einlagen zu bedienen. Ersatzweise muss das Land einspringen. Es gewinnt die dafür nötigen Mittel trickreich: Garantiegebühren, die die LBBW entrichten muss, weil sie dereinst unter den Rettungsschirm des Landes schlüpfen konnte, werden teilweise von 2013 auf 2012 vorgezogen. Diesem Verfahren haben alle Fraktionen zugestimmt. Substanziell sind im Ausschuss gut 13 Millionen Euro umgewidmet worden.

Tricks haben Tradition

Ein Problem so zu lösen, hat durchaus Tradition, hängt also offenbar nicht von der Farbe der Regierungskoalition ab. Wer wissen möchte, wie sich Grün-Rot den finanzpolitischen Kurs künftig vorstellt, ist aufgefordert, die mittelfristige Finanzplanung zu studieren. Sie wird diese Woche auch noch abgehandelt – als vorletzter Tagesordnungspunkt am Freitagnachmittag.

Allerdings führt die Lektüre des 51 Seiten umfassenden Plans beim Interessierten auch gleich zu einer Enttäuschung. Der Ministerrat hat das Opus am 13. Dezember beschlossen, sich dabei aber alle Spielräume offen gehalten. So hat sich das Kabinett nicht zu einer Aussage über die künftige Kreditpolitik hinreißen lassen.

Für 2012 sei vorgesehen, ohne weitere Neuverschuldung auszukommen – das weiß man bereits. „In welcher Weise der haushaltswirtschaftliche Handlungsbedarf der Jahre 2013 bis 2015 ausgeglichen wird, wird im Rahmen der jeweiligen Haushaltsaufstellungen entschieden“, heißt es weiter. Der „haushaltswirtschaftliche Handlungsbedarf“ umschreibt ganz große Zahlen. 2013 sind 2,54 Milliarden der Ausgaben noch ungedeckt, 2014 sind es 2,47 Milliarden, 2015 schließlich 2,51 Milliarden. Im Zeitraum von drei Jahren fehlen also rund 7,5 Milliarden Euro.

Das Personal kann nicht außen vor bleiben

Die Deckungslücken sind noch größer als die der schwarz-gelben Regierung. Deren Werte für 2013 und 2014 korrigierte der Finanzminister Nils Schmid (SPD) um insgesamt 480 Millionen Euro nach oben. CDU und FDP hätten Verpflichtungen nicht ausfinanziert – etwa die Qualitätsoffensive Bildung – oder sie gar nicht in die Finanzplanung aufgenommen.

Dadurch sei ein Ausgabenwachstum auf Dauer angestoßen worden. Das lasse sich „nicht annähernd durch die erwarteten Steuermehreinnahmen der Novembersteuerschätzung 2011 ausgleichen“. Zudem sei das „Finanzierungsmodell“ der jüngeren Jahre ausgereizt: Einmaleffekte können nicht mehr genutzt werden. Aus Rücklagen könne kein Geld mehr entnommen werden, weil sie verbraucht sind. Überschüsse aus vorangegangenen Jahren können nicht mehr herangezogen werden, weil sie nicht ausreichend groß ausfallen. Von 2011 konnte noch eine Milliarde Euro auf das laufende Jahr 2012 übertragen werden.

Die Aufgaben des Landes werden überprüft

Was tun? Künftig „müssen im Rahmen einer umfassenden Aufgabenkritik – unter Einbeziehung der demografischen Veränderungen – alle Ausgabenbereiche einschließlich der daraus finanzierten staatlichen Leistungen und Maßnahmen auf den Prüfstand gestellt werden“, lautet das finanzplanerische Fazit. „Dabei ermittelte Einsparpotenziale müssen konsequent genutzt werden.“ Auch das Personal als größter Kostenfaktor im Haushalt könne „nicht außen vor bleiben“. Darüber hinaus „werden Einnahmeverbesserungen erforderlich sein“. Genauer legt sich Grün-Rot noch nicht fest. Übersetzt heißt das: an Kürzungen beim Personal führt kein Weg vorbei. Auch mit weiteren Steuererhöhungen ist durchaus zu rechnen.

Im Jahr 2015 sollen die Steuereinnahmen des Landes 79,3 Prozent seiner Ausgaben decken. 2001 waren es 72 Prozent, 2008 schon 81,2 Prozent. Grün-Rot geht im Finanzplan davon aus, dass die Nettosteuereinnahmen zwischen 2011 und 2015 um 17,3 Prozent zunehmen. Die gesamten Ausgaben sollen dagegen im gleichen Zeitraum „nur“ um 10,4 Prozent wachsen, die fürs Personal um 13,5 Prozent. In der Zeit von 2013 bis 2015 wurde dort pro Jahr eine Steigerung von 1,8 Prozent angesetzt.