Die Genossen im Land stellen beim Parteitag am Samstag in Heilbronn ihre Landesliste für die Bundestagswahl auf. Aller Voraussicht wird der Freiburger Abgeordnete Gernot Erler die SPD in den Wahlkampf führen. Das Ziel ist ein Regierungswechsel in Berlin.

Stuttgart - Aller Voraussicht nach wird der Freiburger Bundestagsabgeordnete Gernot Erler die baden-württembergische SPD in den Bundestagswahlkampf führen. Am Samstag berät der Parteitag in Heilbronn über die Landesliste. Der 68 Jahre alte frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt gilt als der angesehenste und eloquenteste unter den baden-württembergischen Kandidaten. „Unseren Leuchtturm“, nennt ihn die Generalsekretärin Katja Mast, die in Parteikreisen selbst für Platz zwei gehandelt wird.

 

Wie immer wird um die besten Plätze gerangelt. „Hellgelbe Aufregung“ macht der Innenminister Reinhold Gall mit einem Augenzwinkern unter seinen Genossen aus. Dabei ist das personelle Angebot überschaubar. Streng genommen gebe es ja nun ein Führungstandem, hebt der Landesvorsitzende Nils Schmid hervor. Denn zum ersten Mal müssen sich Männer und Frauen auf der Liste strikt abwechseln. Vermutlich kandidieren aber nicht genügend Frauen, um den Turnus bis ans Ende der Liste durchzuhalten.

22 sollen in den Bundestag

Gegenwärtig halten 15 Mandatsträger aus dem Land das Fähnlein Baden-Württembergs in Berlin hoch. Das sind so wenige wie noch nie und das soll anders werden. Nils Schmid sieht der Bundestagswahl zurzeit „vorsichtig zuversichtlich“ entgegen. Bei aller Vorsicht betrachtet der Parteichef aber im Herbst doch 22 Plätze als sicher für die Südwest-SPD.

Insider erwarten Kampfkandidaturen etwa von Platz zehn an. Das möchte Schmid durch kluge Vorschläge der Findungskommission allerdings möglichst vermeiden. Beispielsweise hofft Mannheim auf eine deutlich bessere Platzierung. Die traditionelle SPD-Hochburg hatte in dieser Legislaturperiode keinen Bundestagsabgeordneten, bis Stefan Rebmann im Mai 2011 nachrückte. Das dürfe keinesfalls mehr passieren, heißt es aus Nordbaden. Der Bezirk habe 2009 im Vergleich der Regionen ohnehin den kürzeren gezogen, das müsse diesmal ausgeglichen werden.

Spielraum für neue Kandidaten

13 amtierende Abgeordnete wollen wieder abgesichert werden, denn mit Karin Roth (Esslingen) und Ute Kumpf (Stuttgart II) verzichten zwei langjährige Parlamentarierinnen auf eine erneute Bewerbung. Das schafft Spielraum für neue Kandidaten. An Interessenten aus den Regionen fehle es nicht, sagt Nils Schmid. Aber an zugkräftigen neuen Namen, klagen die Genossen selbst. Schmids Stellvertreter im Parteivorsitz, Lars Castellucci macht einen weiteren Versuch, Hilde Mattheis will für die Linke in der SPD vorne aufscheinen. Ute Vogt hat keine Ambitionen auf die Spitzenkandidatur mehr und wird wohl auf Platz sechs landen.

Die Partei will den Wechsel in Berlin. Von den 19 Prozent, mit denen die SPD in Baden-Württemberg 2009 abgespeist wurde, mag Schmid gar nicht mehr reden. Seine Generalsekretärin Katja Mast findet, die Landesregierung stehe gut da, das will man für die Bundestagswahl ausnutzen. Mast ist schon klar, dass die SPD im Südwesten den Bundestrend nicht umkehren kann, aber man wolle schon alles tun, um Union und FDP abzulösen. Schmid macht unter seinen Genossen regelrecht Lust aus, „die Auseinandersetzung mit Schwarz-Gelb zu suchen“.

Absprachen können sinnvoll sein

Die Taktik soll nach der Listenaufstellung beraten werden. In der Konkurrenz um die prestigeträchtigen Direktmandate hält etwa Reinhold Gall eine Absprache der SPD-Parteispitze mit den Grünen für sinnvoll. „Wir sollten alle strategischen Möglichkeiten nutzen“, findet der Innenminister. Das hat bei der vergangenen Wahl im Wahlkreis Stuttgart I aber nicht funktioniert. Da wollte die damalige SPD-Frontfrau Ute Vogt sich nicht für Cem Özdemir (Grüne) aussprechen und landete im direkten Vergleich schließlich abgeschlagen auf dem dritten Platz. Dieses Mal hat Kerstin Andreae, die Spitzenkandidatin der Grünen bereits angekündigt, dass sie bei den Erststimmen nicht Gernot Erler der Vortritt lassen wolle. Auch das war vor vier Jahren schon so und hat Erler das einzige Direktmandat der SPD in Baden-Württemberg eingetragen.

„In Freiburg ist das nichts Neues“, reagiert Nils Schmid gelassen. In Einzelfällen könnten Absprachen dennoch sinnvoll sein. Allerdings sind die Wähler davon meist nicht sehr angetan. Mit Katja Mast ist Schmid einig, dass angesichts der Wahlrechtsänderung Absprachen nicht mehr so dringlich seien. Alle Überhangmandate werden ausgeglichen.

Als Gast wird am Samstag in Heilbronn der schleswig-holsteinische SPD-Ministerpräsiden Torsten Albig erwartet. Der Landesvorstand hat außerdem eine Resolution zu Stuttgart 21 vorbereitet. Themen geraten bei solchen Listenparteitagen aber meist in den Hintergrund.