Die Messebefürworter jubeln im Chor. „Die Messe wirft internationalen Glanz auf unsere Region“, hat etwa Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) schon im März im Regionalparlament bilanziert. Harald Raß betonte für die SPD-Regionalfraktion unter Hinweis auf Stuttgart 21, die Geschichte der Landesmesse zeige, dass es sich lohne, für umstrittene Großprojekte zu streiten. Und die Freien Wähler sind sogar für eine „angemessene Erweiterung (Fraktionschef Andreas Hesky) offen.

 

Ganz anders der Landesrechnungshof: er kritisierte jüngst die mangelnde Auslastung der mehr als 105 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. „Eine Erweiterung scheint vor diesem Hintergrund nicht notwendig“, heißt es in der Denkschrift der Rechnungsprüfer, die auch die Kostensteigerung auf nunmehr 816 Millionen Euro kritisch kommentierten.

Messechef Kromer konterte, die Rechnungsprüfer hätten die Auf- und Abbautage vergessen. Und auch der Vizeaufsichtsratschef und Stuttgarter Finanzbürgermeister Michael Föll nahm sich die Kritiker zur Brust: Die Überschreitung des Baukostenbudgets um ein Prozent halte er für vorbildlich. Kromers Bilanz am neuen Standort fällt dementsprechend positiv aus: „Die Entscheidung zum Bau des modernen Messegeländes mit seiner einmaligen Verkehrsanbindung und Infrastruktur war goldrichtig. Nahezu alle unsere Veranstal-tungen sind gewachsen, der Umsatz hat sich verdoppelt. Teilweise kämpfen wir bereits heute wieder mit Termin- und Kapazitätsengpässen.“

Die Grünen-Regionalrätin Ingrid Grischtschenko legt dagegen den Finger in die Wunde. Dem „Gemüsegarten“ der Region fehlten durch den Messebau 100 Hektar, landwirtschaftliche Betriebe könnten nicht mehr expandieren, beklagte sie im Regionalparlament. Für den Linken-Regionalrat Christoph Ozasek war die Verlagerung der Messe auf die Filder volkswirtschaftlich nachteilig.

Und Steffen Siegel, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Filder, die einst Tausende zum Protest gegen das Großprojekt mobiliserte, nennt den Jubel der Messebefürworter eine „unverantwortliche Schönfärberei“. Nicht nur die Besucherzahlen seien geringer als auf dem Killesberg, auch die Anzahl der Messen sei nahezu gleich geblieben, und die Umsätze hätten sich lediglich auf Kosten anderer Ausstellungsplätze im Land leicht erhöht. Sein Fazit: „Wenn die Messebetreiber ehrlich wären, müssten sie eigentlich in Sack und Asche gehen.“

1997 und 1998 dann machen die Messeplaner und die Finanziers (Land, Verband Region Stuttgart und Landeshauptstadt) Nägel mit Köpfen. Dem Finanzierungskonzept, das von Baukosten in Höhe von rund 511 Millionen Euro ausging, folgte die Gründung der Projektgesellschaft Neue Messe mit dem früheren Esslinger Rathauschef Ulrich Bauer als Geschäftsführer. Schließlich verabschiedete der Landtag das sogenannte Landesmessegesetz, das den Bau zum Infrastrukturvorhaben deklarierte und so die Voraussetzung für Grundstücksenteignungen schuf.

Den Architektenwettbewerb für die Hallen gewann 1999 das Büro Wulf & Partner – heute Wulf Architekten. Im gleichen Jahr wies der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof eine Normenkontrollklage der Standortgemeinde gegen das Landesmessegesetz ab. Es folgte ein Prozessmarathon, an dessen Ende Leinfelden-Echterdingen mit leeren Händen dastand. 2003 erließ das Regierungspräsidium den Planfeststellungsbeschluss – der Hallenbau konnte beginnen. Bis dahin mussten die Planer die Kosten auf 806 Millionen Euro korrigieren.

2004 folgte dann das letzte Angebot an die sechs betroffenen Landwirte und die Stadt: 35 Millionen Euro sollen in Lärmschutz und ökologische Ausgleichsmaßnahmen fließen, wenn diese einem Verkauf ihrer Grundstücke zustimmen. Doch Bauern und Stadträte lehnten erneut ab.

Im Sommer des gleichen Jahres passierte dann das, was je nach Standpunkt heute noch als Wendepunkt oder als „Verrat“ bezeichnet wird. Der inzwischen verstorbene Landwirt Walter Stäbler, bis dato Wortführer der aufmüpfigen Filderbauern, nahm das Kaufangebot der Landsiedlung an und gab seinen Hof in Echterdingen auf. Daraufhin zerbröselt die Front der Messegegner. Die Stadt und die fünf verbliebenen Bauern ziehen ihre Klagen ebenfalls zurück und geben ihren Widerstand auf .

Nach drei Jahren Bauzeit war die neue Messe fertig

Im September 2004 ist der erste Spatenstich für die Fildermesse, 2005 wird von der politischen Prominenz die Grundsteinlegung gefeiert. Während der zweijährigen Bauzeit werden rund 1,8 Millionen Kubikmeter Erde bewegt – 2006 sterben bei Unfällen auf der Baustelle zwei Arbeiter. Ein Jahr später startet der Messebetrieb mit einer Teileröffnung. Am 19. Oktober 2007 durchschneidet der damalige Bundespräsident Horst Köhler in Anwesenheit von Kanzlerin Angela Merkel das gelbe Band – die Messe nimmt ihren regulären Betrieb mit einem großen Eröffnungsevent auf, das allerdings von einem Zwischenfall durch herabstürzende Wandplatten getrübt wird.

Und heute, fünf Jahre später? Leinfelden-Echterdingen nennt sich seit 2008 Messestadt. Die Stadt hat in puncto Infrastruktur und Hotelgewerbe durchaus vom einstmals ungeliebten Nachbarn profitiert, musste dafür allerdings Folgeerscheinungen wie etwa die Ansiedelung von Großbordellen in Kauf nehmen. Die größte Sorge der Echterdinger, nämlich, dass es an manchen Messetagen zu einem Verkehrskollaps auf den Fildern komme, hat sich nicht bewahrheitet. Und dass der Messebau architektonisch gelungen ist, bezweifeln selbst die härtesten Kritiker nicht mehr.

Befürworter und Kritiker unterschiedlicher Ansicht

Die Messebefürworter jubeln im Chor. „Die Messe wirft internationalen Glanz auf unsere Region“, hat etwa Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) schon im März im Regionalparlament bilanziert. Harald Raß betonte für die SPD-Regionalfraktion unter Hinweis auf Stuttgart 21, die Geschichte der Landesmesse zeige, dass es sich lohne, für umstrittene Großprojekte zu streiten. Und die Freien Wähler sind sogar für eine „angemessene Erweiterung (Fraktionschef Andreas Hesky) offen.

Ganz anders der Landesrechnungshof: er kritisierte jüngst die mangelnde Auslastung der mehr als 105 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. „Eine Erweiterung scheint vor diesem Hintergrund nicht notwendig“, heißt es in der Denkschrift der Rechnungsprüfer, die auch die Kostensteigerung auf nunmehr 816 Millionen Euro kritisch kommentierten.

Messechef Kromer konterte, die Rechnungsprüfer hätten die Auf- und Abbautage vergessen. Und auch der Vizeaufsichtsratschef und Stuttgarter Finanzbürgermeister Michael Föll nahm sich die Kritiker zur Brust: Die Überschreitung des Baukostenbudgets um ein Prozent halte er für vorbildlich. Kromers Bilanz am neuen Standort fällt dementsprechend positiv aus: „Die Entscheidung zum Bau des modernen Messegeländes mit seiner einmaligen Verkehrsanbindung und Infrastruktur war goldrichtig. Nahezu alle unsere Veranstal-tungen sind gewachsen, der Umsatz hat sich verdoppelt. Teilweise kämpfen wir bereits heute wieder mit Termin- und Kapazitätsengpässen.“

Die Grünen-Regionalrätin Ingrid Grischtschenko legt dagegen den Finger in die Wunde. Dem „Gemüsegarten“ der Region fehlten durch den Messebau 100 Hektar, landwirtschaftliche Betriebe könnten nicht mehr expandieren, beklagte sie im Regionalparlament. Für den Linken-Regionalrat Christoph Ozasek war die Verlagerung der Messe auf die Filder volkswirtschaftlich nachteilig.

Und Steffen Siegel, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Filder, die einst Tausende zum Protest gegen das Großprojekt mobiliserte, nennt den Jubel der Messebefürworter eine „unverantwortliche Schönfärberei“. Nicht nur die Besucherzahlen seien geringer als auf dem Killesberg, auch die Anzahl der Messen sei nahezu gleich geblieben, und die Umsätze hätten sich lediglich auf Kosten anderer Ausstellungsplätze im Land leicht erhöht. Sein Fazit: „Wenn die Messebetreiber ehrlich wären, müssten sie eigentlich in Sack und Asche gehen.“