Auf der Genussmesse gibt es nun erstmals ein Gin-Quarter, in dem sich Produzenten aus der Region vorstellen. Doch auch Habhaftes zum Probieren und Kaufen gibt es auf dem Markt des guten Geschmacks vier Tage lang zur Genüge.

Stuttgart - Sie ist schwarz, meist ein bisschen schrumpelig und kommt deshalb nicht wirklich attraktiv daher. Und doch ist die Wacholderbeere neben dem Neutralalkohol die wichtigste Zutat des aktuellen Hip-Getränks. Gin ist immer noch angesagt und hat jetzt auch erstmals den Weg auf die Slow-Food-Messe (5. bis 8. April), den Markt des guten Geschmacks, gefunden. Im Gin-Quarter in Halle 9, Stand 9G53, gleich neben dem Continental Whisky-Market, kann man die spannende Aromenvielfalt von zehn regional erzeugten Gins kennenlernen.

 

Hans-Peter Schwarz, Geschäftsführer des Slow-Food-Förderbetriebs Silberburg am Markt in Tübingen und Organisator des Gin-Quarters, führt den Hype um das Getränk auch darauf zurück, dass es sich einfach herstellen lässt: Zu einem Rohalkohol mischt man sogenannte Botanicals, Aromen aus Kräutern, Obstschalen, Beeren, Gewürzen. Grundlage ist immer die Wacholderbeere, die dem Gin ihren markanten Duft gibt. „Und während der Whisky mindestens drei Jahre im Fass reifen muss, kann man den Gin schon nach drei Tagen trinken“, sagt Schwarz.

Workshop mit Gin-Kennerin

Passt das Rezept, kann man eintauchen in eine Welt voll betörender Aromenerlebnisse – mal sanft, mal floral bis hin zu voll süßen Fruchtnoten. Am Start ist auch die Marke Monkey 47 – mit dem Affen aus dem Schwarzwald ging alles so richtig los. Dieser Gin erregte international Aufsehen, heimste diverse Auszeichnungen ein, wurde als bester Gin der Welt prämiert. Aber auch Ginstr aus Stuttgart, der frisch gekürte Goldmedaillengewinner beim World Spirits Award 2018, bietet ein wahres Sinnesabenteuer für Nase und Gaumen. 46 handverlesene Zutaten finden Eingang. Gebraut wird der Gin von Alexander Franke und Markus Escher mit Zutaten aus der Stuttgarter Markthalle, gebrannt im Brennkessel des Opas und trinkfähig gemacht mit Mineralwasser aus Bad Cannstatt.

Den Gin mit dem Fernsehturm im Logo kann man pur verkosten oder mit zusätzlichen Botanicals wie Hibiskus, Koriander oder rosa Pfeffer verfeinern – und natürlich mit Tonic mixen. Doch dafür gelten auf der Slow Food strenge Regeln – nur Tonics ohne Zusatzstoffe wie beispielsweise Zitronensäure sind zugelassen. Was am besten zueinanderpasst und harmoniert, erfahren die Besucher am Gin-Quarter auch von der Edelbrand-Sommelière Angela Weis. Und wer noch tiefer in die Materie eintauchen will, kann bei der Gin-Kennerin und Autorin Petra Milde am 7. April einen Workshop besuchen.

Essen ist auch ein politischer Akt

Genuss hat auf der Slow Food aber viele Gesichter. Und wer sich auf die Verkostung von Alkohol einlässt, sollte natürlich davor eine gute Grundlage schaffen. Dabei helfen die diversen Probierhäppchen an den Ständen oder aber ein Abstecher in die Kochwerkstatt, in der Besucher bei insgesamt elf Seminaren ein komplettes Gericht selbst zubereiten und einige handwerkliche Kniffe lernen können. Wie filetiert man Fisch, wickelt Rouladen vom Bio-Hähnchen oder zaubert Gerichte mit Resten aus dem Kühlschrank? Eingeladen sind hochdekorierte Sterne- und TV-Köche, aber auch Hobbyköche und Kochaktivisten. So reicht die Inszenierung und Interpretation regionaler und saisonaler Gerichte aus Alnatura-Biolebensmitteln von raffinierter Kunst über Familientaugliches bis zu wilden Improvisationen.

Unter Anleitung von Zwei-Sterne-Koch Johannes King vom Restaurant Söl’ring Hof kann man Tatar von der Meerforelle mit Sylter Krabben, gepickeltem Kohlrabi und Algensud kreieren und erhält wertvolles Basiswissen aus der Sterneküche. Marcello Gallotti kocht im Restaurant Erasmus in Karlsruhe anspruchsvolle Bioküche und möchte die Messegäste in die gesundheitlichen Aspekte von bitterem Gemüse einführen. Jürgen Authenrieth, Koch und Ernährungscoach, zeigt was man aus Produkten von der Schwäbischen Alb wie Wildkräutersalat, Brunnenkresse, Echaz-Forelle, Alblinse, Leinöl, Alb-Büffel, Musmehl und Baby Beets herstellen kann. Ganz im Sinne des italienischen Slow-Food-Gründers Carlo Petrini, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die regionalen Küchen und die lokale Herstellung von heimischen Produkten zu fördern.

Essen ist inzwischen eben nicht nur eine Frage von Geschmack, sondern gleichzeitig ein politischer Akt und hat auch seinen Preis. Auf der Slow Food können die Konsumenten von 500 Genusshandwerkern lernen, Lebensmittel wieder wertzuschätzen – und dass am Ende Gesundheit, Genuss und Kultur in einer gelungenen Mahlzeit auf dem Teller zusammenfinden.

Als Aperitif darf es gerne ein Gin sein.