Margarethe von Stein hoffte auf ein besseres Leben nach dem Tod. Im Landesmuseum Württemberg strahlt nun der Altar, den die Nonne im Mittelalter stiftete.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Da liegt es, das Kindlein – wenn auch nicht auf Heu und auf Stroh, aber Maria und Josef betrachten es froh. Gut, das Mutters Kleid so lang ist, Maria hat es auf dem Boden ausgebreitet und den nackten Säugling darauf gebettet. In diesen Tagen wird in vielen guten Stuben die Geburt Christi besungen oder zumindest mit Glühwein und Gebäck gefeiert. Mit dem religiösen Hintergrund befasst man sich dagegen eher selten.

 

Es ist ein besonderes Prunkstück für die Stuttgarter

Im Landesmuseum Württemberg kann man sich jetzt noch mal auf den Stand bringen, welche Akteure verantwortlich sind für den aktuellen Weihnachtsrausch. Nach vier Jahren Restaurierung ist der Lichtensterner Altaraufsatz wieder im Alten Schloss zu sehen, auf den das Landesmuseum besonders stolz ist. Man habe keinen Altar aus Württemberg aus dieser Zeit, der „so groß ist, so gut erhalten und so künstlerisch wertvoll ist wie dieser“, sagt der Kurator Matthias Ohm und kann sofort auf die Sprünge helfen, was auf den aufgeklappten Tafeln zu sehen ist: Verkündigung, Geburt, Anbetung der Könige.

Die Nasen waren weg

Auch wenn die Tafeln gut erhalten waren, hatten die Restauratorinnen des Landesmuseums einiges zu tun – zum Beispiel mit der Figurengruppe im Zentrum, die aus Lindenholz geschnitzt wurde. Leider fehlten Maria, Gottvater und den anderen Figuren die Nasen. Ob sie bei einem Bildersturm brutal abgeschlagen wurden oder ob einfach nur der Zahn der Zeit daran genagt hat, das kann Monika Harter, die die Restaurierungsabteilung leitet, nicht sagen. Jetzt haben die Skulpturen zumindest wieder Nasen.

Zum Dank wurde die Nonne abgebildet

Der Hochaltaraufsatz ist um 1465/70 entstanden für das Zisterzienserinnenkloster Lichtenstern im Hohenloheschen. Margarethe von Stein war eine der Nonnen, die hier lebte und sich offenbar um ihren Platz im Himmel sorgte, so dass sie den Altar finanzierte – und deshalb auch auf ihm abgebildet wurde. Wer ihn fertigte, weiß man nicht. Bei der Restaurierung hat man aber die Schraffuren auf dem goldenen Hintergrund genauer ins Visier genommen und Ähnlichkeiten mit einem Altar in der Staatsgalerie Stuttgart entdeckt.

Aufregende Entdeckung gemacht

Apropos entdecken: Bei den Ausbesserungsarbeiten sind die Restauratorinnen auch auf Scharniere im Sockel gestoßen und haben zwei breite Türen gefunden, hinter denen einst Reliquien aufbewahrt wurden. Welche Reliquien das waren, weiß man nicht, aber sicher ist, dass hier Kerzen brannten. „Es gibt Rußflecken“, sagt Harter.

Die Restauratorinnen ergänzen keine Motive auf gut Glück

Dass das Landesmuseum heute den Lichtensterner Altar besitzt, liegt daran, dass man ihn im 19. Jahrhundert plötzlich unmodern fand und an das Museum verkaufte. Vermutlich kam es erst später zu dem Wasserschaden, der den Tafeln auf der Außenseite sehr zusetzte. Die Bilder wurden zwar konservatorisch auf Stand gebracht, die schweren Scharten und Fehlstellen aber nicht ersetzt. „Da hätten wir sehr kreativ werden müssen“, sagt Harter, aber auf gut Glück Farben und Motive zu ergänzen sei für Restauratoren dann doch ein „No-Go“. Anders als einst in dem Kloster wird im Landesmuseum ohnehin die Festtagsseite präsentiert, also der aufgeklappte Altar. Zur seiner Entstehung hat das Landesmuseum vor drei Jahren einen 3-D-Film konzipiert.

Die VR-Reise ins Mittelalter ist wegen Hygienegründen derzeit zwar nicht möglich, kann aber über www.landesmuseum-stuttgart.de angeschaut werden – wenn auch nur zweidimensional.