Nach dreijähriger Sanierung ist ein weiterer Abschnitt im Alten Schloss Stuttgart für die Zukunft gerüstet. Die Direktorin Cornelia Ewigleben ist damit aber noch längst nicht am Ende ihrer Pläne.

Kultur: Adrienne Braun (adr)
Stuttgart - Am Freitag eröffnet das Landesmuseum Württemberg im Alten Schloss Stuttgart nach dreijähriger Sanierung und Umbauphase die „Wahren Schätze“. Trotzdem hat die Direktorin Cornelia Ewigleben noch Zukunftspläne.
Frau Ewigleben, seit Ihrem Dienstantritt sind Sie mit der Neueinrichtung des Alten Schlosses befasst. Können Sie sich überhaupt noch normalen Museumsbetrieb vorstellen?
Eigentlich nicht. Als ich 2005 gekommen bin, stammte die Präsentation noch weitgehend aus den sechziger bis achtziger Jahren. Bei meinem ersten langen Rundgang sah ich eine Mutter, die ihr Kind immer wieder versuchte hochzuheben, damit es auch etwas sehen konnte. Ich hatte den Eindruck, dass die Objekte sagen: Betreue mich, hol mich hier raus. Deshalb war die Entscheidung, dass erst einmal alle Kraft ins Alte Schloss geht.
Wie innovativ kann ein kulturhistorisches Museum überhaupt sein?
Museen sind aus meiner Sicht eine Erfolgsgeschichte. Das bedeutet, dass wir uns immer wieder den gesellschaftlichen Herausforderungen stellen müssen. Die Frage ist: Was mache ich aus den Sammlungen? Wie interpretiere ich sie? Wir müssen die Sammlung anhand der heutigen Fragestellungen immer wieder neu interpretieren. Die Herausforderung ist, sie nicht statisch zu betrachten.
Museumsbesuche sind oft anstrengend. Versuchen Sie Dinge leichter aufzubereiten?
Der erste Eindruck ist entscheidend. Ich war jetzt nach mehreren Tagen, an denen ich weg war, wieder in der Ausstellung – und habe festgestellt, sie ist gigantisch schön. Es ist einfach ein Augenschmaus par excellence – und nicht anstrengend. Man kann die Räume gut durchschreiten und sich einfach nur erfreuen.
Stimmt es, dass Museumsbesucher nur auf Events anspringen? Haben Sie Schwierigkeiten, Besucher in die Sammlung zu locken?
Wir haben das Publikum in den letzten dreißig Jahren darauf hin konditioniert. Die großen Ausstellungen hier im Haus begannen in den späten siebziger Jahren. Es hat sich weltweit ein riesiger Ausstellungsboom entwickelt. Die Menschen sind das gewöhnt und kommen entsprechend gern zu kurzfristig laufenden Veranstaltungen. Wir leben auf der einen Seite in einer Wissensgesellschaft, aber auch stark in einer Erlebnisgesellschaft.
Wie kann man da gegensteuern?
Wir erleben, dass alles, was mit Partizipation zu tun hat, großen Anklang findet. Unsere Gäste wollen nicht mehr nur rezipieren, sondern aktiv tun. Es ist eine große Herausforderung, unsere Kennerschaft zu verbinden mit dem, was die Besucher einbringen. Deshalb machen wir Veranstaltungen wie „Mord im Museum“. Dabei geht es darum, einen Fall zu lösen, der mit Objekten aus dem Haus verbunden ist. Die Besucher sind involviert, indem sie als Detektive unterwegs sind. Solche Angebote werden sicher zunehmen, in der Museumswelt wird derzeit viel darüber diskutiert, wie man sinnvolle Partizipation anbieten kann.
Wie würden Sie das Landesmuseum im Vergleich zu anderen Häusern einordnen?
Im nationalen Vergleich ist es eines der größten kulturhistorischen Museen in Deutschland mit weit über einer Million Objekten. Wir haben aber auch eine gute Entwicklung durchlaufen, sodass wir weit vorne stehen. Aber man muss auch sehen: Wir sind das Landesmuseum Württemberg und haben ein Bein in der Welt, aber auch ein Bein in der Region.
Legen Sie jetzt erst mal die Füße hoch?
Für die vielen Dinge, die heute an ein Museum herangetragen werden, haben wir weder die finanzielle noch die personelle Ausstattung. Deswegen arbeiten alle Kollegen oft am Rande dessen, was geht. Das kann man nicht immer machen, aber man darf sich andererseits nicht auf seinem Erfolg ausruhen. Man sollte immer eine Vision haben, aber in verkraftbaren Dosen.
Also haben Sie schon neue Pläne?
Wir würden gern dahin kommen, dass die Schausammlungen keinen Eintritt kosten. Wir werden als nächsten Schritt hoffentlich unseren Eingangsbereich überarbeiten, damit wir dort ein Café einrichten können und das große Foyer zu einem attraktiven Treffpunkt wird, den man ohne Eintritt nutzen kann. Museen sind wichtige Orte der Gesellschaft, in denen man über die unterschiedlichsten Dinge diskutieren kann. Diesen Aspekt sollten wir ausbauen und eine Verbindung schaffen zwischen unserem kulturellen Erbe und dem, was die Gesellschaft heute interessiert.
Das wäre die letzte Etappe im Masterplan?
Das wäre die letzte Etappe der öffentlichen Bereiche, die allerallerletzte aber wäre die Ausgrabung, die wir im Keller haben. Sie sollte nicht nur bei Sonderöffnungen zu besichtigen sein. Es gibt in der Stadt nicht viel zu den Anfängen Stuttgarts, wir aber haben eine große Ausgrabung im Keller, die für einen permanenten Zugang hergerichtet werden sollte. Wer mal im Louvre im Untergeschoss war, sieht, wie schön das sein kann.