Innen herrscht ein noch rigiderer Minimalismus als in Basel: Recyclingbeton so weit das Auge reicht, roh an den Wänden, geschliffen am Boden, die gesamte Technik – Lüftungskanäle, Leuchtröhren, Kabelschienen – sichtbar unter der Decke montiert. Dazwischen Einsprengsel von mattschimmernder Baubronze: Handläufe, Lampen, der Empfangstresen im Foyer.

 

Von einer (technisch freilich hochgerüsteten) Werkhalle spricht Emanuel Christ daher in Bezug auf den neuen Trakt, der die Sonderschauen sowie die – vom Stuttgarter Atelier Brückner kongenial und höchst ansprechend gestaltete – archäologische Abteilung des Museums aufnimmt. Mit einer Brücke vergleichen die Architekten ihren Bau aber auch: Er verbindet alt und neu, Vergangenheit und Gegenwart. Räume im herkömmlichen Sinn gibt es nicht. Hier ist der abenteuerliche Weg das Ziel. Es geht steil treppauf und treppab, um die Ecke, keine Wand steht parallel zur andern, und bevor man zu den Ausgrabungen aus prähistorischer Zeit abtaucht, schießt die Decke schief über den Kopf, so niedrig, dass man ihn unwillkürlich einzieht.

Der Blick fällt durch Bullaugen nach außen

Herzstück ist die monumentale Treppe. Christ und Gantenbein sehen sie als Gegenstück zu Gulls Ruhmeshalle, eine alpinere Version von Hans Döllgasts Treppenhaus in der Münchner Alten Pinakothek könnte der Museumsbesucher aber auch darin erkennen. Man fühlt sich wie auf einer Klettertour, und dann wieder wie auf einer Schiffspassage, denn der Blick fällt nicht durch Fenster nach außen, sondern durch Bullaugen – mal auf die Blätter eines großen Ginkobaums, mal auf die Stadt oder einen Giebel des Altbaus.

Von den eitlen Spektakeln jüngerer Museumsarchitektur hält dieser abwechslungsreiche Parcours sich gleichwohl fern. So waghalsig und selbstbewusst sich das neue Haus zum alten gesellt, so bescheiden nimmt es sich in den Ausstellungsbereichen zurück und lässt die Kunst glänzen. Die Eröffnungsschau „Europa in der Renaissance“ gibt davon eine eindrucksvolle Kostprobe. Wenn es auf die Landesehre ankomme, schrieb der Kritiker des Zürcher „Tages-Anzeigers“, könne die Schweiz auch mutig bauen. Im erweiterten Landesmuseum an den Gestaden der Limmat zahlt sich dieser Mut voll aus.