Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) nimmt die Forderungen mit Vertretern aller Fraktionen entgegen. Foto: Lichtgut/Mallmann
Beim Stuttgarter Jugendlandtag treffen junge Menschen auf Politiker und erklären, was sie von ihnen brauchen. Als die AfD zu Wort kommt, verlassen die Jugendlichen den Saal.
Spätestens am 8. März 2026 wird sich das Konzept „Jugendlandtag“ für viele junge Menschen ausgezahlt haben. Dann ist Landtagswahl in Baden-Württemberg. Und zum ersten Mal werden die jüngsten Wählerinnen und Wähler nicht mehr 18, sondern 16 Jahre alt sein. Das Wahlrecht ab 16 ist eine der Forderungen, die Jugendliche und junge Erwachsene beim Jugendlandtag 2019 gestellt hatten. Bei der kommenden Wahl wird es erstmals umgesetzt.
Nun haben sich junge Menschen erneut mit Abgeordneten zum Jugendlandtag getroffen. Wieder wollen sie über ihre Forderungen und Wünsche an die Landespolitik sprechen. Rund 120 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 21 Jahren aus ganz Baden-Württemberg waren deshalb am Mittwoch und Donnerstag in Stuttgart.
Jugendliche wünschen sich nicht viel Neues – im Gegenteil
Ihre Forderungen an die Politik haben die Teilnehmer am Tag zuvor in neun unterschiedlichen Workshops erarbeitet. Themen wie Klima und Nachhaltigkeit, Mobilität, aber auch Gesellschaftliches wie Demokratiebildung und Jugendbeteiligung sind Teil davon.
Die Wünsche und Anregungen selbst könnten unterschiedlicher kaum sein – von konkret bis grundsätzlich, von finanziell bis praktisch: KI-Schulungen für Lehrer, verpflichtende pflanzliche Alternativen in Schulkantinen, einen festen jährlichen Demokratietag. „Man denkt, dass die Jugendlichen alle die gleichen Bedürfnisse haben, Politiker sehen uns als ‚die Jugend’. Aber wir sind alle individuell.“ So bringt es der 15-jährige Yasin Tepe aus Leinfelden-Echterdingen auf den Punkt.
Die Teilnehmer des Stuttgarter Jugendlandtags stellen ihre Forderungen vor. Foto: Lichtgut/Mallmann
Was dennoch auffällt: Im Vergleich zu den Jahren davor fordern die jungen Menschen weniger Neues. Stattdessen wünschen sie sich, dass Dinge, die sich in der Vergangenheit bewährt haben, erhalten bleiben.
Deutschlandticket und Co.: Junge Menschen wollen Angebot erhalten
Beste Beispiele sind das Jugend-Deutschlandticket und der Kulturpass. Das Deutschlandticket kostet für unter 21-Jährige sowie Auszubildende und Studierende aktuell 39,42 Euro. Diesen Preis wollen die jungen Menschen erhalten. Mit dem Kulturpass haben alle Jugendlichen, die seit 2024 volljährig geworden sind, vom Bund 100 Euro für Konzerte, Theateraufführungen oder Museumsbesuche bekommen. Ende des Jahres stellt der Bund das Projekt ein. Die Jugendlichen fordern vom Land, den Kulturpass fortzuführen und in allen Landkreisen einheitlich anzubieten. „Kultur verbindet Menschen und stärkt gesellschaftlichen Zusammenhalt“, so die Begründung.
Ein Vertreter jeder Partei nimmt die Forderungen entgegen, es ist eine Art Hausaufgabenheft für die Abgeordneten. Für die 15-jährige Marit Eggert ist es der erste Kontakt mit Landespolitikern. „Man bekommt wirklich das Gefühl, dass einem zugehört wird“, sagt die Schülerin aus Albstadt. Welche Punkte die Politik tatsächlich umsetzt, wird sich zeigen. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) ermutigt die jungen Menschen, das im Auge zu behalten: „Schaut uns auf die Finger“, sagt sie.
Bei der AfD verlassen zwei Drittel den Saal
Neben dem Kontakt mit den Abgeordneten ist für die meisten Teilnehmer noch eine Sache neu: Sie verfolgen eine Landtagsdebatte persönlich – und erleben so die mitunter hitzigen Debatten mit. Besonders als die AfD spricht, wird es laut. Etwa nach vier Minuten des AfD-Vortrags stehen zwei Drittel der jungen Menschen auf und verlassen den Saal – unabgesprochen, wie sie später sagen. Die AfD sei nicht auf die Jugendlichen eingegangen, sondern habe den Jugendlandtag genutzt, um falsche Informationen zu verbreiten und Angst zu schüren.
Für Nadine Pocher aus Fellbach hat nicht nur dieser Vorfall, sondern auch die Debatte an sich ein fahles Gefühl hinterlassen. „Ich war teilweise enttäuscht, wie dort miteinander umgegangen wird“, sagt die 21-Jährige. „Ich würde mir wünschen, dass man so miteinander spricht, dass es die Gesellschaft weiterbringt.“