Der Auftritt der Band Earth, Wind & Fire hat beim diesjährigen Landespresseball in Stuttgart schon vorab für einen reißenden Kartenabsatz gesorgt. So viele Minister wie noch nie nutzen das Tanzparkett zum Schaulaufen.

Stuttgart - Die beste Vorbereitung für den Ball? Die alte Platte von Earth, Wind & Fire auflegen, in die Mitte des Raums stehen – „Boogie Wonderlaaaand!“. Hüften kreisen, Ausfallschritt, Fäuste ballen und dann die Unterarme umeinander kreisen lassen. Warum auch sonst haben wir das so oft in der Boa geübt?

 

Solchermaßen gelockert war das Politikerdefilée im Foyer des Beethovensaals am Freitagabend der reinste Groove. Als Schirmherr im dritten Jahr posierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) mit seiner Frau Gerlinde ganz gelassen im Blitzlichtgewitter. Außerdem war quasi seine gesamte Ministerriege da – einschließlich des Superministers Nils Schmid, der beim letzten Mal zu Gunsten eines SPD-Parteitags verzichtet hatte. Dazu: der Unternehmer Dieter Hundt, der Sternekoch Frank Oehler, die frühere Miss Germany Doris Schmidts und die Boxerin Alicia Graf. Interessant: Gerade jene beiden CDU-Kandidaten, die Kretschmann 2016 beerben wollen, waren beim Eröffnungswalzer nicht im Saal. Landtagspräsident Guido Wolf hatte abgesagt, der Landesvorsitzende Thomas Strobl wollte immerhin später noch nachkommen. Schuld war die CDU-Regionalkonferenz in Göppingen. Immerhin: Fraktionschef Peter Hauk hielt tapfer die Stellung.

„Offensichtlich haben Grüne und Genossen ihre Scheu gegenüber einer so bürgerlichen Veranstaltung abgelegt. Und das ist gut so“, konstatierte Gabriele Renz. Die Kollegin vom „Südkurier“ hatte als Vorsitzende der Landespressekonferenz die Ballgäste zu begrüßen. In Baden-Württemberg werde es langsam eng in der Mitte der Gesellschaft, sagte sie. „Alle wollen dorthin: Grüne können Wirtschaft und Straßen, Sozialdemokraten können Genuss und Geld. Jetzt müssen nur noch die Schwarzen grün werden und die Jäger Naturschützer, dann haben wir Journalisten den Salat.“

Ballpremiere für Stuttgarts OB Fritz Kuhn

Der Hausherr der Liederhalle, OB Fritz Kuhn, hatte mit seiner Frau Waltraud Ulshöfer seine Stuttgarter Ballpremiere. Vor zwei Jahren hatte er noch abgewinkt, er sei noch nicht offiziell im Amt, im vergangenen Jahr schien es ihm nach dem Tod von Manfred Rommel nicht angebracht zu kommen. Dabei hing der Smoking angeblich schon im Schrank.

Smoking oder dunkler Anzug und Krawatte sind ebenso wie das lange Kleid Pflicht beim „einzig wirklich renommierten Ball in Stuttgart“, so Jens B. Fink, der Vorsitzende der Ballkommission. Da könne man den Besuchern schon zumuten, in Festkleidung zu kommen. Weil es voriges Jahr einige Missverständnisse am Einlass gab, hieß es dieses Mal auf der Einladung klipp und klar: „Kein Einlass ohne Abendgarderobe.

Dafür braucht in diesem Jahr das Ballkleid nicht mehr allzu lang gelüftet zu werden: Die Liederhalle war diesmal zum ersten Mal fast komplett rauchfrei – eine Auflage des Gesundheitsamtes. Nur in der Equipe-Bar durfte noch gepafft werden. Und in der Raucherlounge gab’s statt Currywurst-Kalorien eine Ausstellung über erneuerbare Energien.

Earth, Wind & Fire musikalischer Höhepunkt des Abends

Der traditionsreiche Ball ist eine Benefizveranstaltung: Rund 90 000 Euro kommen jedes Jahr für die Pressestiftung und damit für Journalisten in Not zusammen. Umso erfreulicher, dass die Liederhalle wieder voll war. In diesem Jahr waren die rund 2400 Karten sogar schneller weg als 2013. Das lag auch am musikalischen Topact des Abends, der Band Earth, Wind & Fire. Mit Bandleader Al McKay waren am Donnerstag sage und schreibe 17 Musiker angereist. So viele brauche man, hatte McKay vor Ballbeginn gesagt, um den legendären Disco-Sound aufleben zu lassen. Die knapp 45 Minuten dauernden Show war dann auch ganz auf Stimmung ausgerichtet, wie es McKay zuvor angekündigt hatte: „Die Leute sollen Spaß haben und tanzen.“ Da dachte er noch, er trete abends auf einer Privatparty auf. „Wie bitte, ich geh zum Ball? Oh, das ist mir eine Ehre.“