Exklusiv Max Munding bleibt als Chef des Rechnungshofs auch nach seinem 65. Geburtstag im Amt. Kritiker vermuten, dass der umstrittene CDU-Mann die Besetzung der Stelle durch Grün-Rot verhindern will.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Ungeachtet externer und interner Kritik an seiner Amtsführung will der Präsident des Landesrechnungshofes, Max Munding (CDU), über die Altersgrenze hinaus im Amt bleiben. Gegenüber der Stuttgarter Zeitung ließ Munding jetzt erstmals bestätigen, dass er seine Dienstzeit „zunächst um ein Jahr“ verlängern wolle. Einem entsprechenden Antrag von ihm habe Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bereits entsprochen. Der seit 2009 amtierende Chefprüfer wird im August 65 und erreicht damit eigentlich die Pensionsgrenze.

 

Über eine Verlängerung um bis zu drei Jahre kann er aufgrund der Rechtslage faktisch alleine entscheiden: Die Spitzen der Kontrollbehörde sind per Gesetz Richtern gleichgestellt, deren Anträgen zum Schutz der richterlichen Unabhängigkeit „stets stattzugeben“ ist.

Bereits 2012 hatte die StZ erstmals darüber berichtet, dass Munding den Ruhestand hinausschieben wolle. Damals ließ er einen Sprecher erklären, er habe sich darüber noch „keine Gedanken“ gemacht. Eine Entscheidung werde er „ausschließlich nach seiner persönlichen Lebensplanung zu gegebener Zeit“ treffen. Zugleich wies er ein parteitaktisches Kalkül weit von sich. Mit einer Verlängerung um zwei Jahre könne er den Präsidenten-Posten für die CDU sichern, hatte es in Parteikreisen geheißen. Dieser werde dann erst in der nächsten Legislaturperiode neu besetzt, wenn man hoffentlich wieder regiere. Solche Überlegungen seien „weder dem Rechnungshof noch Herrn Munding persönlich bekannt“, verlautete damals aus Karlsruhe.

Prüfung des EnBW-Deals zunächst verhindert

In den Regierungsfraktionen von Grünen und SPD waren die Pläne als Provokation empfunden worden. Dort gab es massive Kritik an Munding wegen seiner Rolle beim EnBW-Deal von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU). Die Kontrollbehörde wollte das Milliardengeschäft zunächst nicht prüfen, obwohl es schon früh entsprechende Forderungen im Senat gab; der Präsident ließ sie jedoch ins Leere laufen. Die Begründung für die Untätigkeit: es gehe vorrangig um eine verfassungsrechtliche Problematik, über die der Staatsgerichtshof entscheiden müsse. Erst nach einer Aufforderung durch Grüne und SPD durchleuchtete der Rechnungshof den EnBW-Deal Ende 2011 doch noch – und übte so massive Kritik daran, dass schließlich Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Gang kamen; diese dauern noch an.

In der Koalition gab es massiven Unmut über Munding, zumal auch in anderen Fällen parteipolitische Motive bei ihm vermutet wurden. Mit öffentlicher Kritik hielten sich die Fraktionen zwar zurück, aus Rücksicht auf die Unabhängigkeit des Rechnungshofs; im Grunde aber sei er als Präsident untragbar, urteilten Teile von Grünen und SPD. Er selbst lehnte einen Rücktritt ab: „Es gibt keinen Grund für mich, meinen Posten aufzugeben.“

Rätselraten um die Rolle des Landtags

Auch jetzt betont Munding, er habe seinen Antrag „ausschließlich aus persönlichen Überlegungen gestellt“. „Ihn interessiert die Aufgabe“, sagte ein Behördensprecher. „Auch hält er eine längere Lebensarbeitszeit grundsätzlich für notwendig; er fühlt sich in der Lage, auch selbst länger zu arbeiten.“ Zuletzt hatte es daran gewisse Zweifel gegeben, weil der Chefprüfer krankheitsbedingt längere Zeit ausgefallen war und seither als gesundheitlich angeschlagen gilt. Beobachter hatten daher nicht mehr damit gerechnet, dass er an seinen Plänen für eine längere Amtszeit festhält. Offen ließ Munding, ob er 2015 ein weiteres Jahr anhängen will.

Grüne und SPD sahen offenbar keine rechtliche Möglichkeit, Mundings Vorhaben zu verhindern. Ein Sprecher des Staatsministeriums sagte der StZ, dessen Antrag bewege sich „im gesetzlich vorgegebenen Rahmen“. Zuständig für die Verschiebung des Ruhestandes sei – ebenso wie für die Ernennung – der Ministerpräsident. „Der Landtag wurde informiert. Von dort wurde mitgeteilt, dass keine Bedenken bestehen“, fügte der Sprecher hinzu.

Bald nur noch Chefprüfer von CDU und FDP?

Beim Parlament hieß es hingegen, für die Amtszeitverlängerung sei „die Zustimmung des Landtags nicht erforderlich“; diese werde nur bei der Ernennung benötigt. Man gebe daher „keine Beurteilung“ zum Wunsch des Chefprüfers ab, sagte ein Sprecher. Damit blieb offen, wie es zu der Einschätzung kam, es bestünden keine Bedenken. Ob der Präsident Guido Wolf (CDU) dies alleine entschied oder das Präsidium oder andere Gremien eingebunden waren, ließ sich nicht klären.

Beim Rechnungshof steht derweil bereits die nächste brisante Personalentscheidung an: Der einst von der SPD vorgeschlagene Chefprüfer Martin Willke geht altershalber in den Ruhestand. Er war es, der noch vor der Landtagswahl 2011 mehrfach eine Prüfung des EnBW-Deals angemahnt hatte, jedoch von Munding ausgebremst wurde. Als Nachfolger Willkes ist ein fachlich erfahrener, CDU-naher Beamter aus dem Staatsministerium im Gespräch. Ein Regierungssprecher erläuterte, die Bestellung nehme der Ministerpräsident auf Vorschlag des Präsidenten des Rechnungshofes vor; dieser habe vorher den Senat zu hören. Der Vorschlag werde dann „allein nach Befähigung und den gesetzlich geforderten Anforderungen“ bewertet. Käme der Ministerialbeamte zum Zug, wäre die Spitze der Kontrollbehörde ausschließlich mit Beamten besetzt, die als CDU- oder FDP-nah gelten oder sogar Parteimitglieder sind.