Beim Landesrechnungshof „hakt und klemmt“ es, beklagt der Verband der Prüfbeamten. Die neue Spitze wisse nicht recht, was sie wolle. Nun sollen die Gründe für das eingetrübte Betriebsklima analysiert werden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Im Briefkopf prangte ein weihnachtlich geschmückter Zweig mit Glöckchen und Glitter. Doch das Rundschreiben des Vereins der Prüfungsbeamten beim Landesrechnungshof in Karlsruhe war nicht so harmonisch, wie es aussah. Nach einigen besinnlichen Zeilen zum Jahreswechsel kam der Vorstand zur Sache: Die neue Spitze der Prüfbehörde suche immer noch nach „Vorstellungen und Zielen für die künftige Ausrichtung“. Vieles werde hinterfragt, manches bereits geändert. Aber: „Leider läuft nicht alles rund, und es gibt Hinweise, dass es um unser Betriebsklima nicht zum Besten bestellt steht.“ Von einer für 2019 geplanten „Analyse der psychischen Gesundheitsgefährdung“ erhoffe man sich näheren Aufschluss, „woran es derzeit hakt und klemmt“.

 

Es ist der Wandel, der den Sparkommissaren zu schaffen macht – in der Führung, in der Personalpolitik und in der Arbeitsweise des „Hofes“. Ein gutes Jahr ist der neue Präsident, Günther Benz, nun schon im Amt. Mit der Berufung krönte der 61-jährige Jurist eine Beamtenkarriere, die ihn durch diverse Landesministerien führte und, nach der Abwahl der CDU 2011, als Ministerialdirektor ins Bundesbildungsministerium. In Karlsruhe verbringt er nun, wie seine Vorgänger, seine letzten Berufsjahre. Doch als Auslaufposten versteht er das Amt nicht, wie inzwischen deutlich wurde.

Viel direkter als der alte Präsident

Noch hat sich nicht jeder an den neuen Stil gewöhnt. Der frühere Präsident Max Munding – eher Denker als Lenker – war von einer ausgesuchten Höflichkeit, die ins Umständliche umschlagen konnte. Heikle Themen umkreiste er lieber in zehn Sätzen, als sie klar anzusprechen. Benz ist da anders: direkter, weniger diplomatisch, zuweilen auch sarkastisch. Manche fremdeln noch mit dieser Art, bei anderen kommt sie gut an. Gelobt wird etwa seine straffe Sitzungsleitung oder die Bereitschaft, sich Kritisches genauso offen sagen zu lassen und auch zu bedenken.

Auch in der Personalpolitik setzt „der P“ (Hausjargon) neue Akzente – etwa beim Abschied des für Bausachen zuständigen Direktors. Als Nachfolger holte er einen gerade mal 43-jährigen Juristen aus dem Verkehrsministerium – blutjung für die Maßstäbe des Rechnungshofs. Sonst kamen die Chefprüfer meist im fortgeschrittenen Alter und blieben bis zum Ruhestand. Nun könnte der Posten erstmals als Sprungbrett dienen.

Ein Ex-Agent als Neuzugang

Stärker als bisher setzt Benz auch auf Blutauffrischung von außen: Ein Referent etwa kam vom Bundesnachrichtendienst, wo er „auswertend, operativ“ tätig war, nach Karlsruhe. Nun wird gewitzelt, ob er wohl auch dort „im Untergrund“ arbeiten werde. Weniger lustig finden es manche Prüfer, wenn derlei Zugänge eigene Karrierepläne durchkreuzen; auch das könnte die getrübte Stimmung erklären. Mit Blick auf die nächste Beförderung blieb man bisher lieber unter sich. Referatsleiterposten etwa wurden stets aus den eigenen Reihen besetzt. Nun bekommen auch Seiteneinsteiger eine Chance.

„Wir werden aufgrund zunehmender Fluktuation einen Schwerpunkt auf die Gewinnung neuen Personals und die Fortbildung des eigenen Personals legen müssen“, sagt der Präsident. In den altersbedingten Abgängen sieht er die eine große Herausforderung für den Hof, in der Digitalisierung die andere. Die „Rahmenbedingungen unserer Arbeit“ würden sich dadurch erheblich ändern. Aktuell führe man die elektronische Akte ein und versuche, Steuerprüfungen nicht nur vor Ort, sondern IT-gestützt vom Büro aus zu machen. „Die digitalen Umbrüche . . . werden uns in den kommenden Jahren auf Trab halten“, ahnt der Verband der Prüfbeamten.

Erschwernisse durch Datenschutz

„Viel Unsicherheit und Arbeit“ ist nach seinem Rundschreiben auch mit der neuen Datenschutz-Grundverordnung verbunden. Für die Prüfungen entstünden dadurch „neue Erschwernisse“. Je nach Art der erhobenen Daten ergäben sich neue „Informations- und Hinweispflichten“, sagt ein Behördensprecher. Eine Arbeitsgruppe kläre derzeit die Anforderungen und solle diese für die Prüfer „transparent und handhabbar“ machen.

Angehen will die Hausspitze auch die Ursachen der eingetrübten Stimmung. „Hinweise aus dem Kreis der Beschäftigten auf ein verbesserungsbedürftiges Betriebsklima nehmen wir ernst“, sagt der Sprecher. Die gesetzlich vorgeschriebene Analyse psychischer Gefährdungen nutze man, um allen Aspekten nachzugehen und sie, falls nötig, „durch weitere Maßnahmen aufzuarbeiten“. Auf solche hofft auch der Verband der Prüfbeamten: Vielleicht gelinge es ja, schrieb er den Mitgliedern, damit „zu mehr Zufriedenheit“ zu kommen.