Die „Politik des Gehörtwerdens“ ist ein wichtiges Anliegen der Landesregierung unter Winfried Kretschmann. Das soll nun noch ausgebaut werden.

Entscheider/Institutionen: Annika Grah (ang)

Die Landesregierung will ihre Politik des Gehörtwerdens ausbauen. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, soll es künftig zu wichtigen Gesetzen ein beratendes Bürgerforum aus zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern geben. Das geht aus einer Kabinettsvorlage hervor, die unserer Zeitung vorliegt und die am Dienstag im Ministerrat behandelt wird.

 

Eine Politik, in der auch auf Landesebene die Bürgerbeteiligung ernst genommen wird, ist ein Kernversprechen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Seine Landesregierung installierte nicht nur den Posten der Staatsrätin für Bürgerbeteiligung, sondern sorgt über das Online-Beteiligungsportal des Landes für Transparenz. Dort können sich Bürger nicht nur über Beteiligungsmöglichkeiten informieren, sondern auch beispielsweise aktuelle Gesetzesvorhaben der Landesregierung direkt kommentieren.

Zufallsbürger werden zu wichtigen Gesetzen gehört

Die Möglichkeit, sich an Gesetzesvorhaben zu beteiligen, soll nun ausgebaut werden. Bürgerforen seien ein Instrument der dialogischen Bürgerbeteiligung, bei der die Menschen zwar nicht selbst entscheiden, aber ihre Einschätzungen gewürdigt würden, heißt es in der Kabinettsvorlage. Dafür werden sogenannte Zufallsbürger ausgewählt, die von Politik und Experten über die Vorhaben informiert werden und dann beraten. Bisher wurden Bürgerforen bei großen politischen Fragen wie etwa der Opernsanierung eingerichtet.

Die konservative Konrad-Adenauer-Stiftung stellte dem Land 2021 kein schlechtes Zeugnis für seine Bemühungen aus: Die baden-württembergischen Erfahrungen mit den konsultativen Beteiligungsformaten seien ganz überwiegend positiv, wenn grundlegende Bedingungen wie eine professionelle Moderation erfüllt seien. Der Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider bewertet die Verfahren ebenfalls positiv, allerdings seien sie vor allem auf Landesebene noch viel zu unbekannt. „In Baden-Württemberg wird so viel mehr gemacht als in anderen Bundesländern, aber es wird kaum wahrgenommen“, sagte Brettschneider jüngst unserer Zeitung.

Das könnte sich ändern, wenn nun zu wichtigen Gesetzesvorhaben Bürgerforen eingerichtet werden. Entscheidend für die Wichtigkeit eines Gesetzes seien ein Einfluss auf eine große Zahl von Menschen, absehbare massive Widerstände, eine hohe Relevanz für die Grundrechte oder die Umsetzung zentraler Aspekte des Koalitionsvertrags, heißt es in der Kabinettsvorlage.