Die Landesregierung hat die Novelle des Wärmegesetzes beschlossen: Die Ökopflicht wird von zehn auf fünfzehn Prozent erhöht. Sie gilt auch für Hotels, Heime und Warenhäuser. Und Lobbyisten ächzen.

Stuttgart - Auf diesen Tag habe er lange gewartet, gestand der Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) am Dienstag vor der Presse. Das Kabinett hatte am Morgen der Novelle des Erneuerbaren-Wärmegesetzes zugestimmt und dem Landtag zur Beratung übergeben. Mit der Novelle soll der Anteil erneuerbarer Energien bei der Warmwasseraufbereitung und Heizung von Wohngebäuden von derzeit zehn auf fünfzehn Prozent erhöht werden. Zudem unterliegen künftig beheizbare Nichtwohngebäude der Ökopflicht – dazu zählen Büros, Gaststätten, Hotels, Heime, Krankenhäuser sowie Gebäude von Einzelhandel und Gewerbe. Gut eineinhalb Jahre hatte das Verfahren gedauert, inklusive online-Bürgerbeteiligungen bereits bei den Eckpunkten des Gesetzentwurfs im Juli 2013 und im Jahr darauf im Rahmen der Anhörung. „Der Weg bis hierher war nicht leicht und gradlinig“, resümiert der Minister, das Wärmgesetz sei „kein bequemes Gesetz“, bei Lobbyverbänden gar ein „verhasstes Gesetz“. Der Widerstand habe nicht den Änderungen gegolten, sondern sich gegen das Gesetz als Ganzes gerichtet. Dabei hatte Baden-Württemberg bereits 2007 als bisher einziges Bundesland ein Erneuerbares Wärmegesetz für Wohngebäude erlassen, vorangetrieben von der damaligen CDU-/FDP-Regierung – und mit den Stimmen der grünen Opposition, erinnerte Untersteller. 2009 folgte dann ein Bundesgesetz mit ähnlicher Zielrichtung für neue Wohngebäude.

 

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verspricht sich von der Novellierung einen notwendigen Schub für den Klimaschutz. Das Ziel der Landesregierung sei, bis zum Jahr 2020 die CO2-Emissionen um mindestens 25 Prozent gegenüber 1990 zu senken, bis zum Jahr 2050 um 90 Prozent. Mehr als ein Viertel der Treibhausgasemissionen im Südwesten seien auf die Wärmeerzeugung in den rund 2,35 Millionen Wohngebäuden und geschätzten 440 000 Nichtwohngebäuden im Bereich Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Industrie zurückzuführen.

Kretschmann: Wärmegesetz wird bürgerfreundlicher

Das neue Gesetz erhöhe den Pflichtanteil für die Ökoenergie „moderat“, sagte Kretschmann. Gleichzeitig aber biete es mehr individuelle Möglichkeiten für die Erfüllung der Ökopflicht. Dadurch werde die Anpassung „bürgerfreundlicher“. Für Untersteller heißt das Fazit: „Weniger Vorschriften, mehr Auswahl.“ Die Ökopflicht greift, sobald die Heizung erneuert werden muss. Das Gesetz sei nun „technologieneutral“, die Solarthermie entfalle als sogenannte Ankertechnologie, erläutert Untersteller. Neben dem Einsatz der erneuerbaren Energien werde nun mehr Wert auf Einsparung gelegt. So kann etwa die Dämmung der Kellerdecke angerechnet werden. Auch bisherige Maßnahmen würden angerechnet. Mit Rücksicht auf einkommensschwächere Haushalte oder um die gern zitierte alleinstehende Rentnerin auf der Alb nicht durch die Auflagen in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bringen, könne die Ökopflicht weiterhin durch den Bezug von Biogas oder Bioöl erfüllt werden. Eine neue und kostengünstige Möglichkeit sei ein energetischer Sanierungsfahrplan, der mit fünf Prozent bei der Ökopflicht angerechnet werde. „Ein solcher „Masterplan für die energetische Gebäudesanierung“ koste rund 800 bis 1000 Euro, zudem gebe es Zuschussmöglichkeiten.

CDU sieht Unternehmen im Nachteil

Industrie, Gewerbe und Handel indes können sich mit einem solchermaßen qualifizierten, wenngleich deutlich aufwendigeren Sanierungsfahrplan sozusagen freikaufen – der Fahrplan wird mit 15 Prozent komplett angerechnet. Dennoch gibt es Protest: Peter Kulitz, der Präsident des baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages, bezeichnete die Ausweitung des Gesetzes auf Nichtwohngebäude als einen „wettbewerbsverzerrenden Alleingang“ des Landes. Auch die CDU-Landtagsfraktion sieht dadurch die Unternehmen benachteiligt.

Für den Landeshandwerkspräsidenten Joachim Möhrle hingegen ist die Ausweitung „schlichtweg ein Gebot der Gerechtigkeit“. Die FDP-Fraktion warnt vor einem Sanierungsstau. Bei den Umweltverbänden LNV und Bund hingegen überwiegt die Zustimmung. Der Bund fordert eine Bundesratsinitiative des Landes für ein entsprechendes Gesetz auf Bundesebene.