Statistiken belegen, dass die Zahl der Motorräder steigt. Die Landesregierung hat sich nun mit 37 Kommunen zusammengeschlossen, um gegen Krachmacher vorzugehen. Ob sich Stuttgart an der Initiative beteiligt, ist noch nicht sicher.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Filder - Mit lautem Geheul beschleunigt das Motorrad aus der S-Kurve an der Magstadter Straße heraus. Vom Schattengrund her naht bereits das nächste Zweirad, es ist zu hören, bevor es zu sehen ist. Was für die Motorradfahrer zumeist reines Vergnügen ist, ist für die Anwohner im Norden Büsnaus kein Zuckerschlecken. Auf der Terrasse oder dem Balkon müssen sie Gespräche unterbrechen, wenn mal wieder ein besonders lautes Krad über die ehemalige Solitude-Rennstrecke brettert. Sie sind nicht die einzigen: In ganz Baden-Württemberg fühlen sich Anwohner teils massiv von Motorradlärm gestört. Insbesondere auf den kurvigen Strecken auf der Schwäbischen Alb und im Schwarzwald, aber auch im Odenwald und den Löwensteiner Bergen gibt es Lärmhotspots.

 

Legale und illegale Umbauten machen Motorräder noch lauter

„Die Zahlen des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg sind eindeutig: Über die vergangenen Jahre und Jahrzehnte ist die Anzahl der Motorräder in Baden-Württemberg kontinuierlich und deutlich gestiegen“, sagt Kathleen Bärs, Pressesprecherin des Verkehrsministeriums. „Gleichzeitig wird der Lärm derartiger Fahrzeuge zunehmend als Problem wahrgenommen.“ Das zeigten auch die Anfragen an den Lärmschutzbeauftragen der Landesregierung, Thomas Marwein. Er habe daher zum Beispiel bewusst entschieden, den Fokus seiner diesjährigen Sommertour auf den Motorradlärm zu legen, teilt Bärs mit.

Bedingt durch ihre Bauart hätten Motorräder ein „erhebliches Lärm- und Geräuschentwicklungspotenzial“, schreibt das Verkehrsministerium in einer Pressemitteilung. Legale und illegale Umbauten könnten die Lautstärke weiter ansteigen lassen und dazu beitragen, dass sie als „aggressiv“ empfunden werde. „Auch die Fahrweise, wie ständiges und starkes Beschleunigen und hochtouriges Fahren lassen den Lärmpegel zusätzlich ansteigen“, so das Verkehrsministerium.

Gemeinsam gegen Motorradlärm vorgehen

Die Landesregierung hat sich mit Kommunen in ganz Baden-Württemberg zusammengeschlossen, um mit vereinter Kraft gegen den Motorradlärm vorzugehen. „Ziel der landesweiten Initiative ist es, dem Problem Motorradlärm mehr Gewicht in der öffentlichen Aufmerksamkeit zu verleihen und mit einer Stimme an politische Entscheidungsträger auf Bundes- und europäischer Ebene heranzutreten“, erklärt Kathleen Bärs.

Bis zum Frühjahr 2020 soll ein Forderungskatalog zur Eindämmung des Lärms ausgearbeitet sein. Mögliche Ansatzpunkte sind etwa Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Verkehrsverbote an neuralgischen Punkten und Zeiten, etwa an Sonn- und Feiertagen in Erholungsgebieten, oder aber die Änderung von Zulassungsregelungen für Motorräder durch leisere Bauweise, zählt das Verkehrsministerium auf. „Die Verantwortlichkeiten für solche Änderungen liegen jedoch weder bei den Kommunen noch beim Land, sondern beim Bund und auf europäischer Ebene.“ Des Weiteren könnten Manipulationen, die Motorräder lauter machen, härter unter Strafe gestellt werden. Auch mehr Lärmmessungen und Polizeikontrollen listet das Verkehrsministerium in seinen Vorschlägen auf.

Auch in Stuttgart ist Motorradlärm ein Thema

Bislang haben sich 37 Kommunen mit der Landesregierung zusammengetan. „Grundsätzlich gilt natürlich, je mehr Kommunen sich anschließen, desto mehr Gewicht hat diese Stimme und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, auch auf bundespolitischer und europäischer Ebene Gehör zu finden“, sagt Bärs. In der Region Stuttgart beteiligen sich unter anderem Gerlingen und Waiblingen an der Initiative.

Motorradlärm sei auch in Stuttgart ein Thema, vor allem im Bereich der Magstadter Straße, sagt Joachim Gerlach von der Straßenverkehrsbehörde im Amt für öffentliche Ordnung. Ob die Landeshauptstadt sich an der Initiative beteiligt, ist aber noch nicht sicher, „das müsste der Bürgermeister entscheiden“, sagt Gerlach. Zwar hat in Stuttgart ein erstes Treffen mit Thomas Marwein und Vertretern der Kommunen stattgefunden, bei dem auch ein Vertreter der Stadtverwaltung dabei war. „Dabei ging es in erster Linie um das Thema Öffentlichkeitsarbeit“, resümiert Gerlach. Es sei darum gegangen, den Lärm in den Blickpunkt zu rücken, denn die Schallpegel, die Lärmschutzmaßnahmen rechtfertigen würden, seien an der Magstadter Straße nicht erreicht. Auch handle es sich nicht um einen Unfallschwerpunkt, aufgrund dessen Maßnahmen ergriffen werden müssten. „Die Büsnauer sind die Leidtragenden“, sagt Gerlach.

Seit Jahren fordern die Anwohner die Stadt zum Handeln auf. Im vergangenen Jahr kam Bewegung in die Sache: Eine Geschwindigkeitsreduzierung wurde veranlasst, an die sich aber laut Auskunft der Büsnauer nur wenige halten. Nun sollen Lärmdisplays installiert werden, die die Motorradfahrer dazu anhalten sollen, aus Rücksicht auf die Anwohner leiser zu fahren. Wann die Displays aufgestellt werden, ist offen, der Auftrag an die herstellende Firma ist aber bereits erteilt.