Die Landfrauen Schorndorf haben kiloweise Mehl, Zucker, Butter, Mandeln, Haselnüsse, Zitronat und viele Eier zu köstlichen Gutsle verarbeitet. Besonderes Geschick und viel Geduld erfordern die Zimtsterne.
Sie sind der Stolz einer jeden Hausfrau und sorgen alle Jahre wieder für große Freude – selbst gebackene Weihnachtsplätzchen. In den meisten Familien gibt es Sorten, „die auf keinen Fall fehlen dürfen“. Klassiker eben. Schon vor vier Wochen hat eine Freundin über WhatsApp stolz verkündet, dass sie am Vorabend sage und schreibe 174 Bärentatzen produziert habe. Bärentatzen gehören zur Kategorie der besonders aufwendigen, traditionellen Weihnachtsplätzchen und werden wohl nur noch von Springerle und Zimtsternen übertroffen. Die Schorndorfer Landfrauen haben alle drei Sorten in ihrem „Sortiment“, den Zimtsternen widmen sie immer einen kompletten Back-Nachmittag, das sind dann vier Stunden konzentriertes Arbeiten.
Gebacken wird in der Schulküche
Gebacken wird in der Schulküche der Albert Schweizer-Schule in Schorndorf, dort gibt es drei Kücheninseln mit jeweils großen Arbeitsplatten und insgesamt sechs Backöfen. Aus elf Kilo Teig haben sie dieses Jahr Zimtsterne gemacht. In sechs Öfen wird gebacken, was das Zeug hält, sogar mehrere Backbleche gleichzeitig übereinander in den Ofen geschoben. „Sonst wären wir um Mitternacht noch da“, sagt Rita Rost, sie gehört dem vierköpfigen Vorstandsteam an. Mehrere Hundert Zimtsterne entstehen an dem Nachmittag, einer schöner wie der andere.
Das Weihnachtsgebäck der Schorndorfer Landfrauen ist bekannt für seine Qualität. Es wird immer am 1. Advent auf dem Weihnachtsmarkt in Schorndorf verkauft, dort haben die Landfrauen eine Hütte - und viele Stammkunden. Früh aufstehen lohnt sich, die Gebäcktüten sind schnell ausverkauft. Der Preis blieb dieses Jahr trotz gestiegener Preise, etwa bei Butter und Nüssen, gleich. 200 Gramm kosten sechs Euro, sagt Rita Rost.
Wenn man bedenkt, wie viel Handarbeit drin steckt – aber das ist nicht ausschlaggebend für die Landfrauen, den Erlös des Verkaufs spenden sie jedes Jahr für einen guten Zweck oder eine soziale Einrichtung.
Jede der 17 anwesenden Frauen weiß genau, was zu tun ist, jeder Handgriff sitzt, eine geschäftige, konzentrierte Ruhe ist zu spüren. Den Teig haben die Landfrauen von einem Profi machen lassen. Elf Kilo sind eine gewaltige Menge. Eine normale Haushalts-Küchenmaschine streikt da.
Die hohe Kunst der Zimtsternbäckerei liegt darin, dass alle Zimtsterne gleich hoch sind und beim Ausstechen die Glasur unversehrt bleibt – bis der Teigling auf dem Blech liegt. Der Teig, er sollte Kühlschrank-kühl sein, wird auf einer mit gemahlenen Haselnüssen bestreuten Fläche zwischen zwei gleichen, etwa einen halben Zentimeter hohen Holzstäbchen ausgewellt. So ist gewährleistet, dass alle Teiglinge gleich hoch sind und im Backofen gleichmäßig backen. Wenn es dünne und dickere Sterne gibt, verbrennt der dünne, bis der dickere durch ist. Zu lange sollten die Sterne sowieso nicht im Ofen sein. Die Glasur aus steif geschlagenem Eiweiß und Puderzucker sollte nämlich nicht gelblich werden, sondern weiß bleiben, und der Stern nicht knusprig gebacken, sondern noch weich im Innern sein.
Davor gibt es aber noch andere Schritte. Auf den gleichmäßig ausgewellten Teig wird die Glasur-Masse gleichmäßig aufgestrichen, erst dann geht es ans Ausstechen der Sterne. Jede Landfrau hat ein Schüsselchen mit Wasser neben sich stehen, taucht die Sternform nach jedem Ausstechen darin ein und klopft sie auf einem Tuch trocken. Zum Ausstechen werden spezielle Metall-Formen verwendet. Sie haben einen Griff, der zusammengedrückt wird, sodass sich die Sternform vor dem Ausstechen schließt. Beim Aufsetzen aufs Blech wird der Druck gelockert, der Teigling löst sich und kann aufgesetzt werden, ohne dass die Glasur „angedätscht“ oder berührt wird. „Das ist ganz fundamental“, sagt Andrea Bader, auch sie gehört zum Vorstandsteam. „Seitdem wir diese Profi-Sternformen haben, klappt es gut.“ Dennoch „verunglückt“ auch bei dieser Technik der eine oder andere Stern. Dieser Teig wird dann zusammen mit dem restlichen wieder vermengt, auch wenn schon Glasur drauf ist. „Das macht nichts“, sagt Andreas Mutter Hannelore. Zum Schluss geht an diesem Nachmittag sogar die Glasur aus. Kurzerhand werden aus dem restlichen Teig kleine Zimt-Kugeln geformt.
Noch sind die Sterne fragil
In der Zwischenzeit sind auf einem großen Tisch die Zimtsterne vom Backblech auf die Backgitter umgesetzt worden, zum Auskühlen. Ehrenvorsitzende Rose Böhringer kennt diese Prozedur. Noch sind die Sterne fragil, die Glasur ist weiterhin anspruchsvoll und darf – noch – nicht gedrückt werden. Später werden sie in Dosen verpackt, damit sie nicht austrocknen, bis sie in die „gemischten Weihnachtsgebäcktüten“ gefüllt werden. Auch dazu nehmen sich die Landfrauen einen ganzen Nachmittag Zeit und haben ein System entwickelt, das auch bei kleineren Mengen funktioniert. Man stellt alle Sorten nebeneinander auf und geht mit der Tüte von Sorte zu Sorte. Bei den Landfrauen sind es rund 20, unter anderem Husarenkrapfen, Lebkuchen, Rumschnitten, Spitzbuben, Butter-S, Spritzgebäck, Haselnussmakronen, Ausstecherle und die bereits erwähnten Springerle und Bärentatzen sowie die Spezialität der Landfrauen: Schorndorfer Nussplatten.
Nach vier Stunden wird das letzte Blech Zimtsterne aus dem Ofen geholt – und die Arbeit begutachtet. Zufrieden über ihr Tragwerk setzen sich die Landfrauen um einen Tisch und trinken Kaffee, gönnen sich eine salzige Butterbrezel und erst danach noch einen Zimtstern als Versucherle.