Ein Kundenberater einer Bank in Stuttgart hat mehr als ein Dutzend ältere Kunden um Hunderttausende Euro betrogen. Jetzt steht er vor Gericht.

Stuttgart - Enkeltrickbetrüger oder falsche Polizisten oder andere falsche Beamte – diese Kriminellen suchen sich in der Regel betagte Opfer aus, um sie um ihr Geld zu bringen. So mancher Betrugsversuch ist in der Vergangenheit an einem aufmerksamen Bankmitarbeiter, bei dem die Opfer verdächtig viel Geld abheben wollten, gescheitert. Was aber, wenn der Bankmitarbeiter selbst der Betrüger ist?

 

So stellt sich die Sachlage vor der 17. Strafkammer des Landgerichts dar. Ein 33 Jahre alter Berater einer Bank in Stuttgart soll 19 Kunden im Alter von meist über 70 Jahren massiv betrogen haben. Das älteste Opfer war zum Tatzeitpunkt 92 Jahre alt.

Den Bock zum Gärtner gemacht

Der Mann arbeitete seit Mai 2015 bei der Bank. Bald stieg er in der Filiale in Feuerbach zum Vermögensberater auf, weil sein Vorgänger wegen eines Betrugsfalls entlassen worden war. Doch auch mit dem neuen Vermögensberater hatte die Bank den Bock zum Gärtner gemacht.

Oberstaatsanwalt Matthias Schweitzer listet 116 Fälle der Untreue, des Betrugs und des Computerbetrugs auf. Der von der Anklagebehörde ermittelte Schaden beläuft sich auf 439 700 Euro, die der Mann zwischen Oktober 2015 und August 2017 ergaunert haben soll.

Seine Kunden hatten dem Bankmitarbeiter vertraut, wenn er ihnen empfahl, ein Gewinnsparbuch, ein Aktivkonto, ein Aktivsparbuch oder dergleichen zu eröffnen. Er nehme das in die Hand, er buche bestimmte Beträge vom Girokonto auf die Sparkonten um. So könne man in Zeiten von Nullzinsen doch noch etwas Geld gutmachen, hieß es.

Gebucht hat der 33-jährige Vater einer kleinen Tochter, und zwar munter. Allerdings ließ er sich das Geld immer gleich bar auszahlen. Die betroffenen Bankkunden merkten lange Zeit nichts. Einem 90-jährigen Stuttgarter empfahl er beispielsweise eine Geldanlage. Und schon ging das muntere Hin-und Herbuchen los, bis er den betagten und arglosen Mann laut Anklage um 33 000 Euro betrogen hatte.

Zwei Geschädigte sind tot

Der gebürtige Stuttgarter war sich auch für Hausbesuche nicht zu schade. Einer 71-jährigen Frau schlug er an ihrem Geburtstag vor, sie solle doch ihren Sparvertrag kündigen, es gebe bessere Anlagemöglichkeiten. Am Ende soll sie mehr als 25 000 Euro losgeworden sein. Immer wieder ließ er sich auch die Bankkarten samt Geheimnummer mittels der Lüge, die Karte sei kaputt, geben, was ihm betrügerische Barabhebungen leicht machte.

Als Grund für seinen fortgesetzten Betrug gibt der Mann seine Spielsucht an. Erst habe er an Automaten gespielt, bis ihm seine Frau die Pistole auf die Brust gesetzt habe. Er ließ die Automaten fortan links liegen. Aber nur, um Geld, das er nicht hatte und das er sich bei seinen Kunden besorgte, in Sport- und Onlinewetten zu stecken.

Ob die Vorwürfe denn stimmten, will Jasmin Neher-Klein, Vorsitzende Richterin der 17. Kammer, wissen. „Die meisten stimmen“, so der Mann. Dann aber weist er zahlreiche ihm vorgeworfene Fälle von sich – vor allem diejenigen mit den hohen Beträgen. „Kein Problem, dann prüfen wir das, auch wenn’s bis Weihnachten dauert“, sagt die Kammerchefin. Es seien schon mehrere Opfer als Zeugen geladen. Zwei Geschädigte können indes nicht mehr gehört werden. Sie sind inzwischen gestorben.