Ein 43 Jahre alter Erzieher muss sich vor Gericht wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verantworten. Er sagt, er habe sich in einen der kleinen Jungen verliebt.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Er habe schon früher Kritik einstecken müssen, dass er für seinen Beruf nicht geeignet sei. „Zu lieb“ sei er laut einigen Wegbegleitern gewesen, sagte der der 43-jährige Kindergärtner am Montag vor dem Landgericht Stuttgart. Und dortdürfte sein Weg als Erzieher auch enden: Er gestand die Vorwürfe, vier kleine Jungen zwischen November 2016 und April 2017 in einem Kindergarten in Bad Cannstatt mehrfach sexuell missbraucht zu haben. Teilweise im Stuhlkreis, vor den Augen aller anderer Kinder.

 

Laut Anklageschrift habe der Mann die Kinder betatscht, wenn sie auf seinem Schoß saßen. Außerdem soll er die Jungen auch auf der Toilette ungebührlich berührt haben – und bei einer Hausdurchsuchung wurden schließlich auch pornografische Darstellungen auf seinem Computer gefunden, die Minderjährige nackt in aufreizenden Posen zeigten.

Der Mann auf der Anklagebank hat die Taten vollumfänglich gestanden. In einen Fünfjährigen habe sich der Angeklagte sogar verliebt. „Ich habe das als Liebesbeziehung betrachtet“, sagte er.

Verlangen über Vernunft gesiegt

Heute sei er schlauer und hätte „die Reißleine ziehen müssen“, als seine „ungute Zuneigung“ zu den Kindern durchbrach. Es habe „das sexuelle Verlangen über die Vernunft gesiegt.“

Dass die Sache ans Licht kam, dafür sorgten die Missbrauchten selbst. Einer der Jungen erzählte beim Mittagessen von den Umtrieben des Angeklagten – ohne laut der Mutter, die im Zeugenstand aussagte, zu wissen, dass er Opfer eines Verbrechens geworden war. „Bis heute kämpft mein Sohn mit dem, was passiert ist. Aber immerhin spricht er mit uns darüber“, sagte die Mutter.

Nachdem die Eltern die Schilderungen ihres Sohnes mit anderen betroffenen Familien abgeglichen hatten, kontaktierten sie gemeinsam die Kindergartenleitung. Diese trennte sich umgehend von ihrem Mitarbeiter und schaltete die Polizei ein.

Der Fall ist der Horror aller Eltern, die ihre Kinder anderen als Schutzbefohlene anvertrauen. Wie kann es sein, dass jemand seine Stellung derart ausnutzt – und dabei so lange unbemerkt bleibt? Abschließend geklärt werden konnten diese Fragen durch die Schilderungen des Angeklagten über sein Leben nicht. Allerdings war sich der Mann schon deutlich länger über seine Neigungen im Klaren.

„Gemerkt habe ich das bereits während meiner Ausbildung zum Erzieher in Korntal“, sagte er. Übergriffig geworden sei er bis zuletzt allerdings nie. Jedoch habe er durchaus wahrgenommen, dass irgendwas mit ihm nicht stimme. „Darum habe ich dann eine Weile im Werkschutz gearbeitet“, sagte der Angeklagte. Ein Umschulungsversuch scheiterte an einer verhauenen Abschlussprüfung und ein späterer an mangelnder Fitness.

Kein Haftbefehl gegen den Angeklagten

Es folgten Phasen der Arbeitslosigkeit, gepaart mit „depressiven Zügen“, wie der Angeklagte seinen Zustand nannte. Teilweise sei er im fünfstelligen Bereich verschuldet gewesen.

Und auch heute scheint sich an der Antriebslosigkeit des Angeklagten nichts geändert zu haben. Da das Gericht keinen Haftbefehl erlassen hat, wohnt er nach wie vor in seiner kleinen Wohnung ohne Fernseher. Miete bezahlt hat er seit Monaten nicht, jetzt wurde ihm auch gekündigt. Um Obdachlosenschutz hat sich der Angeklagte nicht gekümmert.

Womöglich hat er aktuell auch ganz andere Sorgen – trotz Geständnis könnte ihm eine Haftstrafe ohne Bewährung drohen. Auch, ob strafmildernde Umstände, wie das Vorhaben, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben, eine Gefängnisstrafe verhindern können, ist noch völlig unklar. Die Verhandlung wird am 7. Dezember fortgesetzt.