Ein französischer Tauchlehrer hat mit seinen Komplizen deutsche Firmen um Millionen betrogen. Bei einer Schokoladenfirma aus Waldenbuch bissen sie auf Granit.

Stuttgart - Der Mitarbeiter in der Buchhaltung hat sich wahrscheinlich geschmeichelt gefühlt. Die Mail des Geschäftsführers war persönlich an ihn gerichtet und trug den Vermerk „vertraulich“. Es gehe um eine oder mehrere Auslandsüberweisungen in beträchtlicher Höhe, niemand dürfe davon erfahren, alles sei streng geheim. Die Erklärung: Eine heikle Firmenübernahme sollte auf den Weg gebracht werden. Tatsächlich waren aber Betrüger am Werk.

 

Ein Mann aus der mehrköpfigen Bande, die von Tel Aviv aus deutsche Firmen über den Tisch gezogen hat, steht jetzt vor der 13. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart und sagt: „Ich will reinen Tisch machen.“ Der 52-jährige in Straßburg geborene Franzose mit deutscher Mutter legt ein Geständnis ab und nennt die Namen seiner Hintermänner, von denen mehrere mit ihm zusammen im Mai 2017 in Israel festgenommen worden waren.

Auch die Österreicher wollen den Mann

Der 52-Jährige war mit Haftbefehlen aus Stuttgart, Köln und Frankfurt gesucht worden. Auch die österreichischen Behörden wollen den Mann. Dort ist ein ähnliches Verfahren gegen ihn anhängig.

Der gelernte Bürokaufmann war 2001 ins thailändische Phuket ausgewandert und hatte als Tauchlehrer gearbeitet. Dort lernte er 2013 einen Mann mit französischem und israelischem Pass kennen, der ihn zwei Jahre später kontaktierte. Er bot ihm einen lukrativen Job an, was dem mehrsprachigen Angeklagten gerade recht kam, da er krankheitsbedingt nicht mehr als Tauchlehrer arbeiten konnte. „Ich lebte auf Pump“, so der 52-Jährige.

Seine Kontaktperson bezahlte ihm den Flug nach Tel Aviv, stellte ihm sein Team vor und redete Klartext: Es gehe darum, deutsche Firmen über den Tisch zu ziehen. Und der verhinderte Tauchlehrer sei ideal, da er akzentfrei Deutsch spreche.

Der Straßburger willigte ein. In Tel Aviv recherchierte er im Internet und in Datenbanken die jeweiligen Kontaktdaten von Geschäftsführern und Buchhaltern geeigneter Firmen. Dann bekam ein Buchhalter besagte gefälschte Mail – angeblich vom Chef. Wenn die Betrüger, die das Geschäftsmodell auch in Frankreich betrieben, Antwort bekamen, folgte die zweite Mail. Man solle einen Rechtsanwalt Dr. Schulz oder Schmidt kontaktieren, er sei vom Chef eingeweiht. Dieser falsche Anwalt war der Angeklagte.

Bei den Schokoladenmachern war Schluss

In mehreren Fällen klappte der Betrug. Die Mitarbeiterin einer Firma im Rems-Murr-Kreis transferierte 4,9 Millionen Euro nach Hongkong. Nach einem persönlichen Gespräch mit ihrem Chef konnte man 2,1 Millionen Euro zurückbuchen. Ähnlich ging es Firmen in Mühlheim/Ruhr, Straubing und Münster in Westfalen. Die Gelder gingen nach China, in die Slowakei und nach Polen, wo sie von Betrügern abgegriffen wurden.

Am 9. Mai 2017 kontaktierte „Rechtsanwalt Dr. Schulz“ eine bekannte Schokoladenfabrik in Waldenbuch. Rund drei Millionen Euro sollten nach China überwiesen werden. Die Waldenbucher rochen den Braten und gingen nur zum Schein darauf ein.

Am Ende hatte die Bande die Firmen zur Überweisung von 10,6 Millionen Euro bewogen, knapp sechs Millionen konnten zurückgebucht werden. Der Prozess wird am 18. Januar fortgesetzt.