Ein 48-Jähriger muss für insgesamt sechs Jahre und vier Monate ins Gefängnis. Dort hat er wegen Vorfällen gegenüber seiner eigenen Tochter bereits eine Therapie begonnen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Rems-Murr-Kreis - Mindestens dreimal hat ein heute 48-Jähriger in der Zeit zwischen 2011 und 2014 ein ihm während der Schulferien anvertrautes Mädchen in seiner Wohnung im Wieslauftal sowie in einem Wohnmobil vergewaltigt. Das hat der Mann am Mittwoch vor dem Stuttgarter Landgericht zugegeben. Die Staatsanwältin vermutet indes, dass die angeklagten Taten nur „die Spitze des Eisbergs“ waren. Das geistig eingeschränkte Mädchen, das in einem Heim in Hessen lebte, war bei dem ersten Vorfall 14 Jahre alt.

 

Tochter über Jahre bedrängt und genötigt

Herausgekommen war der sexuelle Missbrauch während der Ermittlungen zu einem anderen Verfahren, an dessen Ende der Mann im Sommer 2015 zu einer Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt wurde und seither im Gefängnis sitzt. Das Landgericht Stuttgart hatte den sechsfachen Vater des langjährigen sexuellen Missbrauchs seiner eigenen Tochter sowie einer ihrer Freundinnen für schuldig befunden. Der Mann soll seine Tochter von ihrem neunten Lebensjahr an mehrfach bedrängt und zu sexuellen Handlungen genötigt haben. Nun wurde er unter Einbeziehung des früheren Urteils zu einer Gesamtstrafe von sechs Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt, wobei zwei Monate wegen der langen Verfahrensdauer als verbüßt angerechnet wurden.

Die Eltern des Opfers und die Familie des Angeklagten hatten sich vor Jahren während eines Urlaubs in Spanien kennengelernt. Seither war das Mädchen mehrfach über die Sommerferien im Wieslauftal zu Gast. Das erste Mal soll es im Sommer 2011 zu massiven Übergriffen gekommen sein. Das Wohnmobil war an einem See im Rems-Murr-Kreis geparkt, als der fast 30 Jahre ältere Mann die damals 14-Jährige zum Geschlechtsverkehr nötigte und auch nicht aufhörte, als diese klar äußerte, dass sie das nicht wolle. In den Folgejahren soll das Gleiche einmal in der Wohnung im Wieslauftal sowie bei einem Ausflug mit dem Wohnmobil passiert sein.

Bereits 2011 war der Vater des Mädchens in ihrem hessischen Heimatort mit dem Verdacht an die örtliche Polizei herangetreten, seine Tochter habe Geschlechtsverkehr mit einem älteren Mann gehabt. Das bestätigte ein damals ermittelnder Beamter jetzt im Zeugenstand vor dem Landgericht. Weil der Vater aber eine Vernehmung der Tochter verweigerte und sich dessen Verdacht auf einen behinderten Heimmitbewohner als haltlos erwies, wurde der Fall zu den Akten gelegt. So lange, bis die Kollegen der Kriminalpolizei Waiblingen im Herbst 2015 um Ermittlungshilfe ersuchten: Bei der Vernehmung der Tochter war man auf die Vorfälle mit dem Feriengast aufmerksam geworden.

Richterin: Therapie wird ein steiniger Weg

In der Verhandlung vor der Zweiten Großen Jugendkammer unter dem Vorsitz von Sina Rieberg räumte der 48-Jährige alle drei Anklagepunkte ein. Zuvor hatten sich die Verfahrensbeteiligten auf einen Strafrahmen verständigt. Das Geständnis habe dem Opfer eine schwierige Vernehmung und dem Gericht eine aufwendige Beweisführung erspart. Das habe man strafmildernd berücksichtigt, betonte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Zudem habe der Angeklagte, der eigenen Aussagen zufolge als Kind selbst sexuell missbraucht worden war, in der Haft eine Therapie angetreten. Dort werde ihm eine große Kooperationsbereitschaft und der klar erkennbare Wille, seine Persönlichkeit zu ändern, bescheinigt, so die Richterin: „Sie haben den einzig richtigen Weg eingeschlagen. Allerdings muss Ihnen klar sein, dass der weitere Weg nicht nur steinig sein wird. Sie werden noch Felsbrocken aus dem Weg räumen müssen.“