Ein 37-Jähriger muss für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Er hatte für einen Degerlocher Anwalt Kaufinteressenten für dessen illegale Waffen organisiert. Mit den so verdienten Provisionen hat der Verurteilte seine Kokainsucht finanziert.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

Stuttgart - Für fünfeinhalb Jahre muss ein Mann ins Gefängnis, weil er mit Waffen, Drogen und gefälschten Papieren gehandelt hat. Der 37-Jährige war einer der Beteiligten im spektakulären Fall von Waffenhandel in Degerloch, der im Frühjahr aufgeflogen war. Ein mäßig erfolgreicher Rechtsanwalt hatte seine Kanzlei zum illegalen Waffenladen umfunktioniert. Zollfahnder stellten 60 Handfeuerwaffen sicher. Der am Dienstag am Landgericht Stuttgart verurteilte Mann war einer der Handlanger des Anwalts. Sein Job war es, Kundschaft aufzutun. Im Prozess gab er zu, dass er pro Deal einige Hundert Euro Provision erhielt. Mit dem Geld habe er seine Kokainsucht finanziert.

 

Der Verurteilte kannte den Anwalt aus einem früheren Prozess: 2005 hatte ihn der 44-Jährige verteidigt, als er am Amtsgericht Nürtingen wegen Hehlerei angeklagt gewesen war. Nun brauchte ihn der Anwalt, um seine Waffen an den Mann zu bringen. Denn der italienischstämmige Mann hatte mehrere Pizzerien gemanagt, bevor ihn seine Drogensucht in die Insolvenz getrieben hatte. Daher verfügte er über viele Kontakte. Außer Waffen verkaufte er Marihuana und kleinere Mengen Kokain. Den Drogenvertrieb deichselte ein Gastwirt aus Bad Cannstatt. Dieser soll mit vier Komplizen im großen Stil Drogen von Griechenland nach Deutschland geschmuggelt haben. Auch dieses Quintett muss sich seit gestern vor dem Landgericht verantworten. Des weiteren hatte der ehemalige Pizzabäcker falsche Ausweispapiere aus Tschechien im Sortiment. Als man seine Wohnung durchsuchte, fand man zudem falsche Papiere, die er für sich selbst hatte anfertigen lassen.

Eine erschütternde Kindheit

Die Kokainsucht sei zwar der Antrieb für seine kriminellen Taten gewesen, trotzdem sei der 37-Jährige voll schuldfähig, stellte der psychiatrische Gutachter fest. Der Psychologe berichtete über eine erschütternde Kindheit des Angeklagten, von einem strengen und brutalen Vater, und einer Mutter, die bei der Geburt erst 14 Jahre alt gewesen sei und von der extremen Aggressivität des Jungen. „Schon in der Grundschule hatte er den Ruf des ‚Kriminellen’“. Seine Clique habe Mitschüler verprügelt und abgezockt. „Mit zwölf Jahren flog er von der Hauptschule, weil er den Rektor geschlagen hatte.“ Er kam, so der Psychologe, in ein Erziehungsheim, wo er ein Klassenzimmer in Brand steckte. Schaden: 200 000 Mark.

Rausgeworfen haben sie ihn aber erst, als er auf dem Schulhof Joints verkaufte, sagte der Gutachter. Danach sei er aufs Internat gekommen und habe den Hauptschulabschluss gemacht. Marihuana und Kokain seien in den Jugendjahren Begleiter gewesen. Gebessert habe sich sein Verhalten und sein Drogenkonsum erst, nachdem er seine Frau kennen gelernt und eine Familie gegründet habe. Mit dem Zerbrechen der Ehe sei er wieder in das alte Muster zurückgefallen. Jetzt, so der Psychologe, wolle er endgültig sauber werden. Das Gericht ordnete die Unterbringung des 37-Jährigen in einer Entziehungsanstalt an.