Das Gezerre um einen neuen Standort für eine Erddeponie im Kreis Böblingen geht weiter. Nun will der Kreistag zusätzlich zu einer Liste von 22 Standorten auch kleinere Flächen begutachten lassen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Bei der Suche nach einem potenziellen Standort für eine Erddeponie scheut der Kreistag keine Kosten und Mühen. Acht Punkte umfasst der Beschluss, den das Gremium am Montag mit breiter Mehrheit fasste. Mit mehreren Gutachten sichern die Kreisräte das Auswahlverfahren ab. Nun sollen statt fünf Flächen 22 tiefergehend betrachtet werden. Außerdem wurde die Liste der potenziellen Kandidaten um Gebiete erweitert, die weniger als 30 Hektar zu bieten haben. Auch soll ein Gutachter die Zahlen des kreiseigenen Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB) zum künftigen Müllaufkommen überprüfen. Ein weitere Gutachter soll nach Vorlage dieser gutachterlichen Prognose analysieren, ob mehrere kleine Standorte umweltverträglicher sind als ein großer. Die Größenfrage soll außerdem mit Hilfe einer vergleichenden Wirtschaftlichkeitsberechnung geklärt werden.

 

Der Versuch der CDU-Fraktion, mit dem Auswahlverfahren praktisch von vorne zu beginnen, scheiterte allerdings. Die Zahl der zu untersuchenden Standorte solle nicht auf 22 festgelegt werden, befand Helmut Noë. Zusätzlich zu den kleineren Flächen sollten noch Steinbrüche sowie Verwertungsmöglichkeiten für Bauschutt und Erdaushub einbezogen werden. „Es benötigt Zeit, sich damit zu beschäftigen“, sagte der Fraktionschef. Am Ende stimmten aber nur drei CDU-Mitglieder gegen den Beschluss, darunter Sindelfingens Oberbürgermeister. Bernd Vöhringer wiederholte seine Kritik an dem Verfahren – und forderte erneut „einen sauberen Prozess“.

Rückkehr zur Liste der 22 Kandidaten

Der Gutachter wehrte sich gegen die Unterstellung, dass das Auswahlverfahren willkürlich gewesen sei: „Wir sind unabhängig und neutral“, betonte Gerd Burkhardt vom Ingenieurbüro ICP. Roland Bernhard ließ sich nicht auf die Diskussion ein. Der Landrat hatte schon zu Beginn der Sitzung an den Kreistag appelliert, sich nicht auseinander bringen zu lassen. Für diejenigen Kreisräte mit einem kommunalen Amt sei die Doppelverantwortung nicht einfach. Die Not sei jedoch groß, für das Gewerbe und den Wohnbau müsse die Deponie dringend eingerichtet werden. Das Landratsamt habe die Steinbrüche im Blick, versicherte er. Dort könne aber nur unbelasteter Aushub abgelagert werden.

Als „sehr gründlich und gewissenhaft“, bezeichnete dann Wilfried Dölker die bisherige Standortsuche. Sie nicht von Anfang an transparent gemacht zu haben, ist der einzige Fehler, den der Fraktionschef der Freien Wähler entdecken kann. Die Bewertung der Fachämter des Landratsamtes seien nicht aus der Luft gegriffen gewesen, sagte er. Dennoch plädierte Wilfried Dölker für die im Ausschuss beschlossene Rückkehr zur Liste der 22 Kandidaten des Ingenieurbüros. Diese Rangfolge war von der Kreisbehörde auf fünf potenzielle Standorte reduziert worden. Auch SPD, Grüne und die Linken klagen auf dieser Linie. Peter Pfitzenmaier begrüßte die Ausweitung der Untersuchungen. Die Frage der Wirtschaftlichkeit muss für den SPD-Kreisrat am Schluss der Gesamtbetrachtung stehen. „Ein großer Standort ist nicht durchsetzbar“, davon ist Roland Mundle (Grüne) überzeugt. Er hält es für klug, auf kleinere Standorte zu setzen.

Arbeitsgruppe mit Kreisräten

Nur der Sindelfinger Stadtrat Anderas Knapp plädierte gegen den Rückschritt. „Eine Erddeponie gehört nicht zum Schlimmsten, was man der Bevölkerung zumuten kann“, sagte der FDP-Kreisrat. Er forderte, das Thema nicht aufzubauschen. Solche Anlagen seien keine ökologische Katastrophe, sondern könnten auch eine Chance sein. Als Beispiele nannte er renaturierte Halden, die zu neuen Ausflugszielen würden wie der Eltinger Kopf. Dass das Landratsamt die Suche nicht-öffentlich angegangen ist, hält er für ein typisches und richtiges Vorgehen einer Verwaltung. Rührten viele Köche in einem Brei herum, werde er bekanntlich nicht besser. „Man macht doch nicht 25 Kommunen verrückt, wenn man weiß, dass man nur einen Standort braucht“, sagte Knapp.

Über das Ergebnis des neu aufgerollten Verfahrens können sich die Kreisräte immerhin nicht mehr beschweren: Laut dem Beschluss wird eine Arbeitsgruppe aus ihren Reihen gebildet, die „den AWB beim weiteren Prozess eng begleiten wird“.