Wer darf künftig den Chefkontrolleur der EnBW stellen, das Land oder die Landkreise? Diese heikle Frage ist jetzt entschieden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Der frühere Eon-Manager Lutz Feldmann (59) soll neuer Aufsichtsratsvorsitzender des Energiekonzerns EnBW werden. Dies hat die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) vorgeschlagen, der neben dem Land Baden-Württemberg Großaktionär des Karlsruher Konzerns ist. Wie eine Sprecherin mitteilte, wurde Feldmann neben vier Landräten als Kandidat für das Kontrollgremium nominiert.

 

Bei der konstituierenden Sitzung am 10. Mai will die OEW ihn zum Chef wählen lassen. Die tatsächliche Wahl bleibe abzuwarten, da der Verband seit der Auflösung der Aktionärsvereinbarung mit dem Land Ende 2015 kein Vorschlagsrecht mehr habe und es keine Absprachen mehr gebe. Ein Sprecher von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) sagte jedoch der Stuttgarter Zeitung, das Land begrüße die Kandidatur Feldmanns und werde sie unterstützen. Er sei ein „ausgewiesener Fachmann der Energiewirtschaft“.

Posten ist für Landräte eine Prestigefrage

Feldmann soll die Nachfolge des langjährigen OEW-Beraters Claus-Dieter Hoffmann antreten, der nach zwei Amtsperioden mit dann 73 Jahren altershalber nicht wieder kandidiert. Für die oberschwäbischen Landräte war es stets eine Prestigefrage, den Chefkontrolleur zu stellen; vor Hoffmann war dies der Ulmer Landrat Wolfgang Schürle. Dessen Nachfolger als Landrat, der OEW-Chef Heinz Seiffert, hatte betont, wie wichtig der Posten für den Verband sei. Man werde das Vorschlagsrecht nicht dem Land überlassen. Die Lage hat sich jedoch geändert, seit die beiden Großaktionäre aus Angst vor einer Haftung für die Atomfolgekosten ihren Kooperationsvertrag auflösten. Nach der in Berlin geplanten Gesetzesnovelle sollen „beherrschende Unternehmen“ von Atomkonzernen in die Pflicht genommen werden; als solches würden das Land und die OEW betrachtet, solange sie ihre Aktienpakete von jeweils etwa 47 Prozent bündeln.

Die angekündigte Unterstützung des Landes für Feldmann kommt nicht überraschend: Der als Unternehmensberater mit Sitz in Bochum tätige Ex-Eon-Manager gehört dem EnBW-Aufsichtsrat bereits an, allerdings als Vertreter der Landesseite; dem Vernehmen nach soll ihn Minister Schmid dafür vorgeschlagen haben. Dass er nun vom Zweckverband OEW nominiert wird, gilt als gesichtswahrendes Manöver: Die Landräte können so sagen, „ihr“ Mann werde an die Spitze gewählt. In der OEW-Erklärung hieß es, es sei gelungen, mit Feldmann „einen ausgesprochenen Fachmann für die OEW-Seite zu gewinnen“.

Bei Eon den heutigen EnBW-Chef gefördert

Der Diplom-Ökonom gehörte bis 2010 dem Vorstand von Eon an. Im Konzern galt er als Förderer des heutigen EnBW-Chefs Frank Mastiaux, der ebenfalls von Eon gekommen war. Feldmann soll Mastiaux einst bei BP abgeworben und mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien betreut haben. Seit 2010 ist er als freier Unternehmensberater mit Sitz in Bochum tätig.

Damit haben sich Erwartungen zerschlagen, der Verbandschef Seiffert könne selbst den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen. Seiffert hatte sich öffentlich nicht dazu geäußert. Seine Wahl galt zeitweise aber als so wahrscheinlich, dass bereits über seine Nachfolge als Kreischef spekuliert wurde. Ob er nicht Chefkontrolleur werden wollte oder nicht sollte, blieb unklar. Die grün-rote Landesregierung war offenbar bestrebt, einen Konflikt mit den CDU-dominierten Landräten zu vermeiden. Erst kürzlich hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Zusammenarbeit als „sehr, sehr gut“ gelobt.