Der 37-jährige Finanzdezernent im Böblinger Landratsamt ist zum neuen Landrat des Rems-Murr-Kreises gewählt worden. Im zweiten Wahlgang setzte sich Richard Sigel deutlich gegen Dirk Braune durch. Wolfgang Faißt hatte zurückgezogen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Backnang - Mit 51 Stimmen und einer deutlichen Mehrheit ist Richard Sigel am Montagnachmittag in einem zweiten Wahlgang im Backnanger Bürgerhaus zum neuen Landrat des Rems-Murr-Kreises gewählt worden. Der 37-jährige Jurist tritt die Nachfolge von Johannes Fuchs an, der am 3. August mit dem Erreichen des 65. Lebensjahrs in den Ruhestand tritt.

 

Fast hätte es schon im ersten Wahlgang gereicht

Fast hätte es sogar bereits im ersten Durchgang zu einer absoluten Mehrheit für den Mann gereicht, der zurzeit noch der Finanzdezernent im Böblinger Landratsamt ist. Sigel erhielt 42 Stimmen, 45 wären nötig gewesen. Für seine Herausforderer Dirk Braune und Wolfgang Faißt votierten 22, beziehungsweise 20 der insgesamt 85 anwesenden Kreisräte, drei hatten sich vor der Sitzung entschuldigt.

Sigels Sieg hatte sich nach dessen rund 15-minütiger Vorstellungsrede angedeutet. Der jüngste der drei Kandidaten war als letzter an das Rednerpult getreten, und das Kreistagsgremium hatte auf seine Worte mit dem am längsten anhaltenden Applaus reagiert.

Dabei hatte sich der auch im Vorfeld als Favorit gehandelte Kandidat gar nicht groß von seinen Vorrednern unterschieden. Die Konsolidierung der Rems-Murr-Kliniken steht als Topthema auf seiner Agenda, ebenso der Ausbau des Bildungsbereichs und des ÖPNV. Die Kommunalpolitik sei schon immer ein berufliches Ziel für ihn gewesen, das Amt des Landrats wäre für ihn eine Lebensaufgabe, betonte Sigel. Er sehe den Kreistag in der Rolle des Orchesters, sich selbst als den Dirigenten.

Den Weg für Sigels Wahl machte dann aber Wolfgang Faißt frei. Der Renninger Bürgermeister zog nach dem ersten Wahldurchgang und einer Sitzungsunterbrechung, in der sich die Fraktionen neu berieten, seine Bewerbung zurück. Im zweiten Urnengang reichte es für Dirk Braune, den Geschäftsführer der Waiblinger Kreisbaugruppe, dann zwar noch zu einer Steigerung auf 32 Stimmen, doch auch Sigel legte zu und wurde letztlich mit einem deutlichen Vorsprung gewählt, zwei Stimmen wurden als ungültig gewertet.

Fuchs tröstet den Unterlegenen

„Auch Sie wären ohne Zweifel ein guter Landrat geworden“, tröstete der Noch-Amtsinhaber Johannes Fuchs den unterlegenen Dirk Braune und gratulierte seinem Nachfolger Sigel. Als Anerkennung und einen kleinen Vorgeschmack auf kommende Dinge überreichte er ihm mehrere Produkte, die im Rems-Murr-Kreis hergestellt werden. So durfte sich Sigel beispielsweise über kaltgepresstes Traubenkernöl aus Weinstadt freuen, „damit die Dinge gut flutschen“, einen Esbit-Kocher aus Murrhardt, „um der Gerüchteküche entgegen zu wirken“ oder ein Satellitenmodell aus Backnang „für die Erlangung der Lufthoheit“.

Ganz unbekannt werden die Präsente dem „Neuen“ freilich nicht sein, kehrt er doch – jetzt als Chef – zu jener Behörde zurück, in der er bereits als Verkehrsdezernent gewirkt hatte. Sein Wechsel in den Kreis Böblingen ist ihm offenkundig aber nicht als Fahnenflucht ausgelegt worden.

Am Ende der Sitzung, die als einzigen Punkt die Wahl des Landrats gehabt hatte, bedankte sich Richard Sigel für das Vertrauen jener, die ihm ihre Stimme geschenkt hatten und versprach den übrigen, sich solches noch zu erarbeiten. Er wisse, dass sein Vorgänger Johannes Fuchs große Fußspuren hinterlasse, „aber ich freue mich, dass es jetzt losgeht“.

Die Wahl im Überblick

Auszählung
42 der 85 abgegebenen Stimmen hat Richard Sigel im ersten Wahldurchgang erhalten, 22 entfielen auf Dirk Braune, 20 auf Wolfgang Faißt. Im zweiten Urnengang, zu dem Faißt nicht mehr antrat, setzte sich Sigel mit 51 zu 32 Stimmen gegen Dirk Braune durch. Zwei Stimmen waren ungültig.

Amtsantritt
Johannes Fuchs tritt am 4. August mit dem Erreichen seines 65. Lebensjahrs in den Ruhestand. Sein Nachfolger Richard Sigel übernimmt im August.

Amtsperiode
Der Landrat wird auf acht Jahre gewählt. Richard Sigel ist somit, wenn er nicht vorzeitig abtritt, bis 2023 legitimiert.