Die CDU-Fraktion führt die Debattenkultur im Parlament einem neuen Tiefpunkt entgegen. Der Stuttgarter Abgeordnete Reinhard Löffler redete sich um Kopf und Kragen. Das hat die Demokratie nicht verdient. Protokoll eines Verfalls.

Stuttgart - Was haben das Endspiel im DFB-Pokal in Berlin (VfB Stuttgart gegen Bayern München), Weichmacher in Sexspielzeugen sowie das dreigliedrige Schulsystem Baden-Württembergs miteinander zu tun? Richtig: nichts. Es sei denn, man heißt Reinhard Löffler und muss eine Rede im Landtag halten.

 

„Grün-rote Verbotspolitik – ideologische Gängelung von mündigen Bürgern“, so lautete der von der CDU beantragte Titel einer sogenannten Aktuellen Debatte im Landesparlament. Diese Aussprachen, auf der Tagesordnung regelmäßig prominent platziert, stehen den Fraktionen in einem festen Turnus zur Verfügung, um landespolitische Themen von einiger Brisanz und Bedeutung im Parlament zur Sprache zu bringen. Die CDU hatte sich am Mittwoch dafür entschieden, die Grünen als „Bevormundungspartei“ zu entlarven sowie deren Regierungspartner SPD als willigen Helfer darzustellen. „Für die Grünen“, sagte der CDU-Abgeordnete Löffler, „scheint der Staatsbürger heute ein leicht zurückgebliebener Pflegefall zu sein, der nicht für sich selbst sorgen kann, sondern einer strengen väterlichen Obrigkeit bedarf, die ihm den Weg der Tugend weist.“

Wirres Konglomerat

Mit dieser Auffassung steht Löffler sicher nicht allein. Zumal im Vorfeld einer Bundestagswahl bleiben auch im Landesparlament polemische Töne nicht aus. Auch der FDP-Abgeordnete Ulrich Goll nutzte die Gelegenheit, um die Grünen als „die autoritäre Partei unserer Zeit“ zu etikettieren. Was bei Goll aber noch einigermaßen intellektuell daherkam, entfaltete Löffler als wirres Konglomerat von Verboten, die mit der Landespolitik zwar vergleichsweise wenig zu tun haben, aber nach Meinung des CDU-Manns irgendwie den Grünen zuzuordnen seien. Stellvertretend sei folgende Passage zitiert: „Sonntagsfahrverbot, Nachtflugverbot, Verbot von getrenntgeschlechtlichen Toiletten, Verbot von Alkoholwerbung, Verbot von Stammzellenforschung, Verkaufsverbot von genveränderten Lebensmitteln, Verbot von Lichtverschmutzung, Verbot von Süßigkeitswerbung im Kinderfernsehen, weg mit den Realschulen und mit dem dreigliedrigen Schulsystem, Verbot von Motorrollern und von Computerspielen, kein Schnäppchenverkauf mehr, Billigflugverbot und Verbot von Weichmachern in Sexspielzeug.“ Löffler rubrizierte weiter unter die „rot-grüne Verbotskultur“: hohe Mieten, Niedriglöhne und Minijobs; er streifte das Verhältnis des Grünen-Politikers Rezzo Schlauch zum Hummer und zum Magazin „Playboy“, um sodann mit der Frage zum Höhepunkt zu kommen: „Wie wäre es damit, das Pokalendspiel in Berlin zu verbieten, weil der Rasen in Mitleidenschaft gezogen wird?“

In seiner Replik gab der Grünen-Abgeordnete Andreas Schwarz der Vermutung Raum, der CDU seien wohl „endgültig die Themen ausgegangen“, andernfalls müssten deren Abgeordneten keine Büttenreden im Parlament halten. Wieder einmal habe sich die FDP als die fixere Oppositionspartei erwiesen , weil sie das tatsächlich aktuelle Thema – den Nationalpark im Nordschwarzwald – der CDU weggeschnappt habe.

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sah durch „das Spektakel, das vielleicht am Aschermittwoch passt“, die Würde des Parlaments verletzt, bekannte sich zugleich freudig zum Nachtflugverbot auf dem Stuttgarter Flughafen. Und was das Verbot hoher Mieten und von Niedriglöhnen angehe: „Das ist unsere Zielsetzung.“ Staatsministerin Silke Krebs (Grüne) verwies auf diverse Verbotstatbestände aus schwarz-gelber Regierungszeit wie den Alkoholverkauf in der Nacht und Rauchverbote. Löfflers Rede fand selbst in den eigenen Reihen keinen ungeteilten Beifall. Das Beste an der Debatte war dann auch ihr Ende.