Der Einblick in Akten des Verfassungsschutzes bleibt der AfD weiter verwehrt. Jetzt begründen die anderen Fraktionen im Landtag ihre Ablehnung.

Stuttgart - Die AfD-Abgeordnete Christina Baum wird vorerst nicht an der Kontrolle des baden-württembergischen Verfassungsschutzes mitwirken. Eine Mehrheit der Parlamentarier aller anderen Fraktionen stimmte im Landtag gegen die Wahl der 63-Jährigen ins Parlamentarische Kontrollgremium. Auch bei der Wahl zum stellvertretenden Mitglied der sogenannten G-10-Kommission, die Abhörmaßnahmen des Verfassungsschutzes prüft, scheiterte Baum.

 

Auf Antrag der Grünen beschloss das Parlament, weitere Wahlgänge zu vertagen. Man wolle der AfD die Gelegenheit geben, einen Wahlvorschlag zu machen, der „wählbar“ sei, hieß es von Seiten der Grünen. Die AfD zeigt sich empört über die breite Ablehnung gegenüber ihrer Wunschkandidatin. Die habe sich „niemals etwas zuschulden kommen lassen“ und verfüge über ein „sauberes Führungszeugnis“, stellte der parlamentarische Geschäftsführer Anton Baron noch im Landtagsplenum fest. Baum selbst bezeichnet ihre Nichtwahl in einer Pressemitteilung als Beweis dafür, dass der Landtag zu einem „linken Gesinnungsparlament von Einheitsparteien verkommen“ sei.

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Doch selbst in ihrer eigenen Partei dürfte Baum nicht unumstritten sein. Sie gilt als Vertreterin des vom Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ eingeordneten „Flügels“ um den Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke. Im Oktober 2018 initiierte Baum einen „Stuttgarter Aufruf“, in dem sie sich gegen parteiinterne Ausschlussverfahren wandte und für den Widerstand gegen die „Gesellschaftsexperimente der letzten Jahrzehnte“ warb. Man widersetze sich „allen Denk- und Sprechverboten innerhalb der Partei“, hieß es damals im Aufruf.

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In Chemnitz und Kandel beteiligte sich Baum an Demonstrationen, bei denen auch Rechtsextremisten und Neonazis mitmischten. Erst vor wenigen Wochen verbreitete sie bei Facebook einen Beitrag der rechtsextremen „Identitären Bewegung“. Der grüne Innenpolitiker und Vorsitzende des Kontrollgremiums Hans-Ulrich Sckerl stellt klar: „Wer Teil dieses völkisch-nationalistischen AfD-Netzwerks ist und in vorderster Front in Chemnitz mit Neonazis, Rechtsextremisten und weiteren Rechtsauslegern der AfD marschiert, diskreditiert sich als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums.“ Ein Gremium, das für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig sei, müsse sich auf die Verfassungstreue seiner Mitglieder verlassen können, sagte Sckerl unserer Zeitung. Sonst mache sich das Gremium unglaubwürdig. Und wie werden die Grünen reagieren, wenn die AfD an Christina Baum als Kandidatin festhält? „Wir werden Frau Baum weiterhin ablehnen“, kündigt Sckerl an.

Das Parlamentarische Kontrollgremium hat umfangreiche Kompetenzen. Unter anderem dürfen die Mitglieder Akten und Dateien des Landesamtes für Verfassungsschutz einsehen.