Dicke Luft im Stuttgarter Landtag wegen höherer Diäten: die Grünen werfen den anderen Fraktionen vor, sie predigten Wasser und tränken Wein. Die wehren sich heftig.

Stuttgart - Die Abgeordneten des baden-württembergischen Landtags erhalten vom 1. Juli an mehr Geld. Die Diäten steigen um 3,24 Prozent von derzeit monatlich 6756 Euro auf 6975 Euro. Die Erhöhung ist Ausfluss eines im Jahr 2005 eingeführten statistischen Verfahrens, das die Diäten an die Entwicklung der Gehälter in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst anpasst. Diese Zahlen ermittelt das Statistische Landesamt.

 

Zugleich steigt die Kostenpauschale, welche den Abgeordneten zum Ausgleich für mandatsbedingte Ausgaben gezahlt wird. Sie erhöht sich um 2,7 Prozent auf 1483 Euro. Der Vorsorgebeitrag für die Altersabsicherung der Parlamentarier beträgt künftig 1589 Euro pro Monat – bei einer Erhöhung um 0,28 Prozent. Baden-Württemberg zahlt im Vergleich der Bundesländer eine sehr auskömmliche Abgeordnetenentschädigung, allerdings wurde die Altersvorsorge vor Jahren reduziert.

Für die Grünen-Fraktion kritisierte deren parlamentarischer Geschäftsführer Hans-Ulrich Sckerl die höheren Diäten: „Wir wollten eine Nullrunde.“ Doch die anderen Fraktionen hätten nicht mitgemacht. Wegen der Einbußen für die Beamten in diesem Jahr wäre es ein glaubwürdiges Zeichen gewesen, auf die Anhebung des Einkommens zu verzichten, sagte Sckerl.

CDU, SPD und FDP bezichtigen Grüne der Heuchelei

Die Spitzen der Fraktionen von CDU, SPD und FDP zeigten sich empört: „Ein klassischer Fall von grüner Doppelmoral: Erst beschließen sie das Gesetz mit, um hinterher seine Auswirkungen zu beweinen“, teilten die Vorsitzenden Peter Hauk (CDU), Claus Schmiedel und Hans-Ulrich Rülke (FDP) gemeinsam mit. „Die Grünen haben überhaupt keinen Antrag gestellt“, sagte Andreas Stoch, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Der Landtag habe in Sachen Diäten ein transparentes Verfahren. Das Einkommen der Abgeordneten sei an die Löhne gekoppelt und könne somit auch sinken. „Dagegen kann man sich nicht aufmanteln. Es sei denn, man will billigen politischen Profit daraus ziehen“, sagte Stoch.

Für die Dauer der bevorstehenden Rundumsanierung des Landtagsgebäudes wird das Parlament im Stuttgarter Kunstgebäude tagen. Von dem ursprünglich avisierten Weißen Saal des Neuen Schlosses ist das Landtagspräsidium in seiner jüngsten Sitzung abgekommen. Das Kunstgebäude, auf dessen Kuppel ein goldener Hirsch ein wachsames Auge auf den Schlossplatz hat, bietet genügend Raum und eine anspruchsvolle Architektur. Vor allem enthebt er den Landtag von der Mühe, für jede Sitzung die Bestuhlung auf- und wieder abzubauen. Im Neuen Schloss wäre dies nötig geworden. Der Umzug ins Provisorium ist für den Sommer kommenden Jahres geplant. 2015 soll dann das Landtagsgebäude, technisch und energetisch modernisiert, wieder zur Verfügung stehen. Vorausgesetzt, der Umbau gerät nicht zum Desaster wie die Sanierung des benachbarten Staatstheaters. Die Kosten für die grundständige Sanierung des Landtags werden auf 24 bis 27 Millionen Euro taxiert, die Lichtschächte beziehungsweise Glaswände sind mit sechs bis 14 Millionen Euro veranschlagt.

Landtag gibt sich demnächst eine neue Geschäftsordnung

Noch in diesem Monat will sich der Landtag, auch dies hat das Präsidium beschlossen, eine neue Geschäftsordnung geben. Diese ist Ausfluss der vor Jahren eingeleiteten Parlamentsreform, die sich neben zahlreichen anderen Vorhaben auch eine verbesserte Debattenkultur zum Ziel gesetzt hatte. Die Ergebnisse sind allerdings ernüchternd. Erst neulich mussten wieder Regierungsmitglieder ermahnt werden, ihre lichtvollen Einlassungen nicht ausschließlich vom Blatt abzulesen.

Laut der Beschlussempfehlung des Präsidiums für die Plenarsitzung am 28. Juni sollen künftig unter anderem öffentliche Ausschusssitzungen erleichtert werden. Die Ausschüsse können selbst Themen bis hin zu Gesetzesvorschlägen ins Plenum einspeisen. Die Kommunalverbände bekommen bei Angelegenheiten, welche die Gemeinden, Städte und Landkreise betreffen, ein Teilnahme- und Anhörungsrecht in den Ausschüssen.