Mit dem Regierungswechsel in Stuttgart wird der Umzug der Ministerien für Finanzen und Kultus wahrscheinlicher.   

Stuttgart - Der neue Landtag von Baden-Württemberg wird die Raumprobleme des alten Landtags erben, soviel steht schon vor dem Regierungswechsel fest. Es zeichnet sich aber auch bereits ab, dass man sich mit dem Mangel an Büros und Sitzungsräumen nicht eine weitere Legislatur herumschlagen will, zumal das neue Parlament mit 138 Abgeordneten lediglich um einen Mandatsträger kleiner sein wird als bisher. An einen Neubau glaubt zurzeit allerdings keiner mehr. Die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen zieht es vielmehr ins Neue Schloss. Mit dem Regierungswechsel wird deshalb ein Umzug des Finanzministeriums und des Kultusministeriums, den beiden bisherigen "Schlossherren", immer wahrscheinlicher - und das unabhängig davon, wie und ob es mit dem Neubau von Ministerien am Karlsplatz weitergeht.

 

Noch freilich haben die neuen Regierungspartner wichtigere Themen zu klären. Das amtierende Landtagspräsidium aber hat das Thema Landtagserweiterung am Dienstagabend vertagt, um es dem neuen Präsidium zu überlassen. Auch in den Fraktionen wird betont, dass die Entscheidung erst die neu gewählten Gremien treffen werden. Aber an der Grundrichtung dürfte dies wenig ändern. "Unsere Tendenz geht eindeutig in Richtung Neues Schloss", sagt der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Reinhold Gall. Auch lässt er keinen Zweifel daran, dass man "das ganze Schloss" benötige, also beide sich bisher einem Umzug so beharrlich wie erfolgreich verweigernden Ministerien umziehen müssten, um Abgeordnete und ihre Mitarbeiter und Berater angemessen unterbringen zu können. "Wir haben ein Interesse, dass das mit hohem Zeitdruck bearbeitet wird", betont Gall.

Bülow-Carré wird 2012/2013 fertig

Auch aus Sicht der Grünen sind die Zustände nicht länger hinnehmbar, schließlich habe jeder Abgeordnete einen Anspruch auf ein eigenes Zimmer, der bisher aber oft nicht erfüllt werde. Auch die Grünen favorisieren eine Lösung mit kurzen Wegen zwischen Büros und Sitzungssälen. "Unsere Präferenz geht bisher zum Neuen Schloss, aber das müssen die neuen Fraktionen und der neue Landtag entscheiden", sagt die Fraktionsgeschäftsführerin Hedi Christian. Sie sieht die Erweiterung im Kontext mit einer Sanierung des Hauses des Landtags und einem Umbau des bisher fensterlosen Plenarsaals.

Wohin die beiden Ministerien umziehen könnten, ist eine andere Frage. Probleme dürfte es dabei allerdings nicht geben, denn großen Büroprojekten in der City fehlen derzeit die Mieter. So entstehen ein Komplex am Österreichischen Platz und unweit des Neuen Schlosses in der Lautenschlager Straße das Bülow-Carré mit 20.000 Quadratmetern. Dem Vernehmen nach hat das Finanzministerium schon vor der Wahl dort nach Flächen nachgefragt, für wen auch immer. Fakt ist, dass der Bau bis 2012/13 fertig wird und Investor Horst Bülow über die Entwicklung nicht unglücklich ist. "Ich würde es begrüßen, wenn der Neubau zu einem Ministerienstandort würde", sagt er und verweist auf den hohen Energieeffizienzstandard ganz im Sinne der neuen Regierung.

Auch für die Neubebauung am Karlsplatz werden mit dem Regierungswechsel wohl die Weichen neu gestellt. Noch kann keiner sagen, wie, aber es zeichnet sich auf jeden Fall ab, dass das Hotel Silber erhalten bleiben soll. SPD-Chef Nils Schmid will dies sogar in die Koalitionsvereinbarung schreiben. Das bisherige Gemeinschaftsprojekt von Breuninger und dem Land müsste dann um- und wohl auch etwas kleiner geplant werden. Fakt ist aber auch, dass das Projekt nicht nur für Breuninger unter großem Zeitdruck steht. Denn bereits im Sommer zieht das Innenministerium in den Neubau an der Willy-Brandt-Straße um, und einen langen Leerstand am Karlsplatz wird sich das Land auf Kosten der Steuerzahler nicht leisten können. Sollte sich die neue Regierung gar ganz von dem unter CDU-Ministerpräsident Oettinger gestarteten Projekt zurückziehen, könnte der große Innenministeriumsbau von einem anderen Ministerium belegt oder aber an private Investoren verkauft werden. An Interessenten dürfte es nicht mangeln. "Ich könnte mir vorstellen, mich da zu engagieren, mit einem Hotel, Büros oder auch Ministerien", sagt Horst Bülow und winkt mit dem Zaunpfahl.