Die Entsendung der Mitglieder der Bundesversammlung für die Wahl des Bundespräsidenten war bislang äußerst selten strittiges Thema im baden-württembergischen Landtag. Doch mit dem Einstieg der AfD ins Parlament hat sich das geändert.

Stuttgart - Wie soll man bei der Entsendung der Wahlmänner und -frauen für die Bundespräsidentenwahl mit der AfD umgehen? Diese Frage stellen sich Grüne, CDU, SPD und FDP im Landtag. Es geht darum, ob dem Parlament am 21. Dezember eine gemeinsame Liste mit der AfD zur Abstimmung präsentiert wird oder die AfD eine eigene Liste vorlegen muss. Der Landtag von Baden-Württemberg wählt 80 Mitglieder für die 16. Bundesversammlung am 12. Februar, bei der sich Frank-Walter Steinmeier (SPD), der von der Linken nominierte Armutsforscher Christoph Butterwege (parteilos) und der AfD-Kandidat Albrecht Glaser zur Wahl stellen.

 

Die Bundesversammlung besteht zur einen Hälfte aus den Bundestagsabgeordneten und zur anderen Hälfte aus eigens gewählten Abgesandten der 16 Länderparlamente. Das können Landtagsabgeornete sein, müssen aber nicht.

Die SPD-Fraktion tendiert nach Worten ihres Vorsitzenden Andreas Stoch eher in Richtung getrennte Listen. „Wenn wir wissen, wer benannt wird, beraten wir erneut“, sagte er. Die SPD habe keine Lust, „schräge Figuren“ abzunicken. Die beiden Oppositionsfraktionen SPD und FDP wollen gemeinsam agieren. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke: „Wenn die SPD-Fraktion der Meinung ist, die AfD-Nominierten könne man nicht mittragen, dann sind wir bereit für eine Lösung vier zu eins.“ Wenn die AfD aber ausschließlich Mitglieder der Fraktion entsende, könne er sich auch eine gemeinsame Liste vorstellen. Getrennte Listen von allen Fraktionen gab es schon einmal 1994, als die rechtsradikalen Republikaner im Landtag saßen.

Bei der FDP stehen die Delegierten schon fest

Nach Angaben der AfD wurden in einem Losverfahren zwölf Fraktionsmitglieder, darunter auch der Chef Jörg Meuthen, bestimmt. Der stellvertretende Fraktionschef Emil Sänze sagte: „Wir sind offen für die gemeinsame Liste, wir streben eine Kooperation mit den anderen Fraktionen an, auch bei der Bundesversammlung.“

In der CDU-Fraktion wird ein möglicher eigener Weg für die AfD als heikel erachtet. Denn wegen eines geänderten Auszählverfahrens bei getrennten Listen könne sich an der Platzverteilung etwas ändern. Und an der Zusammensetzung der AfD-Liste könne man ohnehin nichts ändern, erläuterte ein Sprecher. Auch Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz betrachtet einen Ausschluss der AfD nicht als zwingend: „Wenn die AfD nur Abgeordnete entsendet, kann man fast nichts dagegen haben.“ Ohnehin werde die gemeinsame Liste im Landtag nur aufgerufen und per Handzeichen abgesegnet. „Der symbolische Wert ist sehr gering.“

Im Unterschied zu Grünen, CDU und SPD stehen bei der FDP die Delegierten schon fest: Die Fraktion wird unter Leitung ihres Vorsitzenden Hans-Ulrich Rülke durch insgesamt sechs Abgeordnete und den Unternehmer Berthold Leibinger vertreten.

Auch die Sozialdemokraten wollen prominente Wahlmänner und -frauen für ihre elfköpfige Gruppe gewinnen. „Sie sind anfragt, aber noch nicht bestätigt“, sagte Stoch. Früher waren SWR-Moderator Wieland Backes und der Schauspieler Walter Sittler mit von der Partie.

Die Grünen haben noch keine fertige Liste

Die CDU wird erst im Dezember festzurren, wen sie nach Berlin schickt. Fraktionschef Wolfgang Reinhart, der die 24-köpfige Delegation leitet, verrät nur so viel: Es sollten die Fraktionskollegen mitwählen können, die noch nie bei der Bundespräsidentenwahl waren. Hinzu komme ein Kontingent für Bürger, die sich für die Partei engagieren, sowie in geringem Umfang Vertreter aus Wirtschaft und Kultur. In der Vergangenheit gehörten zu den Prominenten Showmaster Frank Elstner, der Unternehmer Hubert Burda und die Boxerin Regina Halmich.

Auch die Grünen im Landtag haben noch keine fertige Liste für ihre 26 Sitze in der Bundesversammlung. Bei der Präsidentenwahl 2012 kamen unter anderem BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender, Gisela Mayer vom Aktionsbündnis Winnenden sowie die SWR-Integrationsbeauftragte, Anna Koktsidou, mit nach Berlin.