Ein Schulfrieden ist nicht in Sicht. Opposition und Regierung liefern sich im Landtag eine heftige Debatte zum Thema Schulpolitik.

Stuttgart - Eine „Kakophonie“ an Konzepten, „Bildungschaos 4.0“, „Planlosigkeit“ und „erbärmliches politisches Verhalten“ – was sich die Parteien von Regierung und Opposition am Mittwochmorgen im Landtag an den Kopf geworfen haben, erweckt den Eindruck, als stecke Baden-Württemberg mitten im Wahlkampf. In der Tat ist die Bildungspolitik im Land ein heißes Eisen und eine Einigung erscheint unwahrscheinlicher denn je. Grün-Rot bemängelt die Konzeptlosigkeit der CDU. Die wiederum wirft der Regierung Zerstrittenheit vor.

 

„Wie soll man überhaupt über die Möglichkeit einer Einigung sprechen, wenn man gar nicht weiß, was der andere eigentlich will“, fragte Kultusminister Andreas Stoch (SPD) in die Reihen der CDU und verlas widersprüchliche Zitate von Landtagspräsident Guido Wolf und Parteichef Thomas Strobl (beide CDU) zu den Themen Gesamtschule und Grundschulempfehlung. Dieser „Zick-Zack- und Irrkurs“ werde von den Menschen im Land nicht toleriert. Statt weiterhin „kreatives Chaos“ walten zu lassen, sollte die CDU sich auf ein Konzept einigen. Die beiden Bewerber der CDU um das Amt des Herausforderers von Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) waren in der Vergangenheit mit uneinheitlichen Aussagen zur Schulpolitik aufgefallen. So hatte Wolf erklärt, er werde im Falle eines Wahlsiegs das Schulsystem „völlig umkrempeln“. Thomas Strobl wiederum wolle das Rad nicht völlig zurückdrehen.

Die Grünen werfen der CDU Planlosigkeit vor

In dieselbe Kerbe schlug Sandra Boser , die bildungspolitische Sprecherin der Grünen. Ihre Fraktion hatte die Debatte über die „Widersprüche der CDU in der Bildungspolitik“ erst auf die Tagesordnung gesetzt. „Sie kommen mir vor wie eine Dagegen-Partei“, sagte sie mit Blick auf die CDU. Die Konzept- und Planlosigkeit der größten Oppositionspartei verunsichere Eltern, Lehrer und Schulpfleger und gehe zu Lasten der Kinder. Sie erhoffe sich in der Debatte eine klare Positionierung in Fragen wie Inklusion, Ganztagsschulen und Gemeinschaftsschulen: „Schenken Sie den Menschen endlich reinen Wein ein.“

Georg Wacker, der bildungspolitische Sprecher der CDU, setzte gleich zum Gegenangriff an: „Der Streit um die Bildungspolitik hat in Ihren Reihen stattgefunden.“ So sei der Gesetzentwurf zur Inklusion mehrmals verschoben worden. Auch in Sachen Gemeinschaftsschule seien die Regierungsparteien sich nicht einig. Und keineswegs sei die CDU konzeptlos. Ein entsprechendes Konzept zur Gemeinschaftsschule habe Grün-Rot im Bildungsausschuss „abgeschmettert“.

Die FDP versucht es mit versöhnlichen Tönen

Stefan Fulst-Blei (SPD) attestierte der CDU „politische Unsicherheit“: „Warum haben Sie das Konzept dann nur in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Ausschusses eingebracht?“ Das Plenum wäre ein geeigneterer Ort zur Debatte gewesen.

Timm Kern (FDP) versuchte es mit versöhnlichen Tönen: Baden-Württemberg brauche einen Schulfrieden. „Die Menschen haben die fruchtlosen Auseinandersetzungen satt.“ Jetzt sei die Initiative des Kultusministers gefragt. Ein Schulfrieden sieht vor, dass dem Schulbetrieb bei Regierungswechseln keine ständigen grundsätzlichen Umwälzungen drohen.