Der baden-württembergische Landtag hat am Mittwoch der Opfer der Terroranschläge in Paris gedacht. In einer von allen Fraktionen getragenen Debatte betonten alle Sprecher, man dürfe sich von solchen Angriffen nicht einschüchtern lassen.

Stuttgart - Wenn wir uns von der Angst beherrschen lassen, lassen wir uns am Ende vom Terror beherrschen.“ Mit diesen Worten begründete der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sein „klares Nein“ an Überlegungen, vorsichtshalber Veranstaltungen wie etwa die an vielen Orten im Land jetzt anstehenden Weihnachtsmärkte abzusagen. Es gebe „keine konkreten Anhaltspunkte für geplante Anschläge im Land“, so der Regierungschef. Wohl aber bestehe eine hohe „abstrakte Gefährdung“. „Es gilt, wachsam zu sein“, sagte Kretschmann, „und das sind wir.“

 

Nach den Terroranschlägen von Paris hatten sich die vier Landtagfraktionen darauf verständigt, in einer gemeinsam einberufenen Debatte ein Zeichen zu setzen. Ein Signal an die Menschen in Frankreich, dass man auch im Südwesten Deutschlands „das Entsetzen und die Trauer über die entsetzlichen Anschläge“ teilt, wie die Grünen-Fraktionsvorsitzende Edith Sitzmann sagte; ein Zeichen dafür, dass „der Terror alles vernichtet, was der Kampf um Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit erreicht hat“, man sich aber „vom Terrorismus nicht einschüchtern“ lasse, „da sind wir geschlossener denn je“, so der Chef der CDU-Fraktion, Guido Wolf.

Bekenntnis zur Grundordnung

Beifall bekam auch der SPD-Fraktionsvormann Claus Schmiedel, der „von allen gesellschaftlichen Gruppen ein aktives Bekenntnis zu dieser freiheitlichen Ordnung“ erwartet. Der Landtag könne wenig tun, um den Terrorismus in der Welt zu bekämpfen, sagte der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Allerdings mahnte er einen „Masterplan für Integration“ an, um die ins Land kommenden Menschen mit den westlichen Werten vertraut zu machen.

Der Landtagspräsident hatte von einem „wohltuend raschen Konsens“ gesprochen, mit dem sich die Fraktionen auf die gemeinsame Debatte verständigt hatten. Sie begann mit einer Gedenkminute an die Opfer. Der Vorwahlkampf hatte auch in der Stunde des Wortwechsels Pause.

Claus Schmiedel zeigte sich „froh, dass wir in Baden-Württemberg es nicht damit zu tun haben, dass Anschläge für parteipolitische Auseinandersetzungen genutzt werden“. Guido Wolf beließ es bei den Fragen, „ob die Sicherheitsstrukturen ausreichend sind“ und ob „Polizei und Nachrichtendienste mit allem Notwendigen ausgestattet sind?“ Hans-Ulrich Rülke mahnte ausdrücklich, „keine Verknüpfung herzustellen“ zwischen der Terrorbekämpfung und der Flüchtlingsproblematik. „Ein nicht unwesentlicher Teil“ der Menschen, die nach Deutschland kommen, „flieht gerade vor diesem Terror.“ Der Liberale forderte ein Zuwanderungsgesetz, das deutlich mache, „welche Zuwanderung wir haben wollen“.

Nährboden für Radikalisierung

Der Appell an gezielte Integration spielte bei allen Rednern eine Rolle. Für Edith Sitzmann „verdichten sich die Anzeichen, dass es sich bei den Terroristen um eine verlorene Generation handelt.“ Mangelnde Perspektiven seien für Menschen aber der „Nährboden für Radikalisierung.“ Claus Schmiedel begrüßte, dass die Koalition prüfe, ob sie bei der personellen und technischen Ausstattung der Sicherheitsbehörden noch „einen Schritt nach vorne macht.“ Nach dem Anschlag vom Januar in Paris hatte die Landesregierung bereits mehr Mittel für Personal bereit gestellt.

Der Ministerpräsident schließlich bedankte sich bei den Sicherheitskräften, die „engagierte Arbeit leisten dafür, dass wir sicher leben können.“