Ein Berliner Architektenbüro erhält den Auftrag zur Sanierung des Landtagsgebäudes. Die Parlamentarier freuen sich über Tageslicht im Plenarsaal. Doch die Kosten steigen schon.

Stuttgart - Neubau oder Umbau? Nach Jahren des Diskutierens und Lamentierens über das Haus des Landtags sind die Würfel gefallen. Das Parlamentspräsidium beauftragte das Berliner Architekturbüro Staab mit der Generalsanierung des Landtagsgebäudes – und folgte damit dem Votum des so genannten Beurteilungsgremiums, das am Wochenende einmütig für Staab plädiert hatte. Fünf Entwürfe hatten zur Auswahl gestanden, die Entscheidung fiel auch deshalb zu Gunsten der Berliner aus, weil deren Vorschlag nur sanft in die Architektur des Landtagsgebäudes eingreift.

 

Wolfgang Riehle, der Vorsitzende der Auswahljury und Präsident der baden-württembergischen Architektenkammer, pries am Mittwoch anlässlich der Präsentation des Siegerentwurfs die Bedeutung des Landtagsgebäudes. Es handle sich um ein Baudenkmal von besonderer Schutzwürdigkeit. „Wir hielten es für richtig, subtile Eingriffe den radikalen vorzuziehen.“ Thomas Schmidt vom Architektenbüro Staab sagte, in ganz Deutschland fänden sich aus der Nachkriegszeit „nur ein oder zwei Handvoll Gebäude mit dieser Qualität.“

Der Landtagspräsident Guido Wolf (CDU) veranschlagte die Kosten für die technische und energetische Sanierung auf 36 bis 41 Millionen Euro. Deren Notwendigkeit ist weithin unumstritten. Die Energiebilanz des Gebäudes ist verheerend, die Technik veraltet. Bei Plenardebatten fällt schon mal die Mikrofonanlage aus. Auch mussten schon Eimer bereit gestellt werden, um das von den Decken tropfende Regenwasser aufzunehmen. Im Vergleich zu anderen Landtagsgebäuden – wie etwa in München oder Düsseldorf – besticht der Bau in Stuttgart durch schwäbisches Understatement.

Die Kosten sind schon mal gestiegen

Allerdings fällt auf, dass die Sanierungskosten noch im vergangenen März auf 24 bis 27 Millionen Euro taxiert worden waren – basierend auf Berechnungen des Projektentwicklers Drees & Sommer. Der Landtagspräsident Wolf sagte dazu am Mittwoch, es sei „offensichtlich nicht gelungen, die Kosten der Sanierung in ihrer ganzen Vertiefung zu beziffern“. Er zeigte sich indes zuversichtlich, dass sich die neue Kalkulation als stabiler erweisen werde. Zu den Sanierungskosten kommt noch der Aufwand für die von den Abgeordneten heiß erwünschte Tageslichtzufuhr in den Plenarsaal. Bisher tagen die Parlamentarier bei Kunstlicht, viele klagen über Ermüdungserscheinungen und allgemeines Unbehagen. Das Anliegen sei berechtigt, sagte Landtagspräsident Wolf und verwies auf die mehr als 30, meist ganztägigen Plenarsitzungen im Jahr. Dazu kämen noch Anhörungen, Tagungen und zahlreiche Besuchergruppen.

Für vier bis sechs Millionen Euro soll nun die Decke des Plenarsaals völlig neu gestaltet werden. Trichterförmige, von außen nicht erkennbare Schächte leiten Tageslicht in den Saal, der mit einer Glasdecke versehen wird. Zur tageslichtdurchfluteten Lobby hin werden die holzvertäfelten Wände aufgebrochen und ebenfalls durch Glas ersetzt. Drei Architekturbüros hatten im Zuge der Ausschreibung erklärt, das Tageslicht passe nicht zur ursprünglichen Konzeption des Gebäudes. Sie schieden aus dem Wettbewerb aus.

Außerdem soll unter der Rasenfläche zwischen dem Landtagsgebäude und der Konrad-Adenauer-Straße ein unterirdisches Besucherzentrum gebaut werden. Dafür ist aber eine eigene Ausschreibung vorgesehen. Zwölf Millionen Euro soll das kosten.

Kein Umzug ins Neue Schloss

Damit ist klar: Das zwischen 1958 und 1961 nach Entwürfen des Architekten Kurt Viertel errichtete Haus des Landtags bleibt nicht nur erhalten, sondern weiter Stätte der demokratischen Auseinandersetzung und der Gesetzgebung. In den Debatten um die Zukunft des Gebäudes waren diverse Konzepte verfolgt worden. Mal wurde überlegt, auf dem Gelände von S 21 einen Neubau zu errichten. Davon kam man unter anderem deshalb ab, weil das Parlament nicht im Schatten des Landesbank-Komplexes stehen sollte. Gegen einen gläsernen Plenarsaal im Schlosspark – dort, wo einst die Karlsschule stand – verwahrte sich die Stadt Stuttgart. Auch der Umzug ins Neue Schloss scheiterte. Der Umbau soll nach der Sommerpause 2013 beginnen und bis zum Herbst 2015 abgeschlossen sein. In der Zwischenzeit tagt der Landtag provisorisch im Kunstbau am Schlossplatz.