Die Grünen legen der neuen Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz nahe, den Vorsitz des U-Ausschusses zur Zulagenaffäre abzugeben. Offenbar geht es ihnen darum, eine Gegenspielerin von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer loszuwerden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Grünen im Landtag dringen darauf, dass die neue Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz (CDU) den Vorsitz des Untersuchungsausschusses zur Beamtenhochschule Ludwigsburg abgibt. Offiziell begründen sie dies mit der hohen zeitlichen Beanspruchung durch das neue Amt. Zugleich geht es ihnen offenbar darum, die als Gegenspielerin von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) wahrgenommene Ausschusschefin loszuwerden. Kurtz sieht keinen Konflikt zwischen den beiden Ämtern und hat sich Bedenkzeit erbeten; sie wolle sich zunächst mit ihrer Fraktion besprechen.

 

Die Abgabe des Vorsitzes war ein wichtiges Thema, als sich die CDU-Abgeordnete vor der holprigen Wahl des Landtagsvizepräsidenten im April bei den Grünen vorstellte. Nach Informationen unserer Zeitung soll der Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz sie in der Sitzung nachdrücklich dazu aufgefordert haben. Als Kurtz zögernd reagierte und sich nicht festlegen wollte, habe er weiter darauf beharrt: Die neue Vizepräsidentin habe für den U-Ausschuss keine Zeit mehr.

Hohe Arbeitsbelastung bei mehreren Aufgaben?

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Hans-Ulrich Sckerl, bestätigte dies indirekt. Angesichts der gewachsenen Aufgabendichte sei die Arbeitsbelastung des Landtagspräsidiums mit zwei Repräsentanten „sehr umfangreich“, ließ er auf Anfrage unserer Zeitung mitteilen. Landtagspräsidentin Muhterem Aras und ihr bisheriger Stellvertreter Wilfried Klenk hätten die Aufgaben „zu vollster Zufriedenheit ausgeführt“. Da man wegen des sparsamen Umgangs mit Steuermitteln keinen weiteren Stellvertreter installieren wolle, müssten sich Aras und Kurtz „mit voller Kraft ihrer Aufgabe widmen“. Den Vergleich mit Wolfgang Drexler (SPD), der in der vorigen Legislaturperiode als Landtagsvizepräsident zugleich den NSU-Untersuchungsausschuss leitete, ließ Sckerl nicht gelten: Damals habe es noch zwei Vizepräsidenten gegeben.

Das Zögern von Kurtz, den Ausschussvorsitz niederzulegen, gilt auch als Ursache dafür, dass sie im ersten Wahlgang nicht die notwendige Mehrheit erhielt. Dieses Thema habe Grünen-intern eine größere Rolle gespielt als die Homophobie-Vorwürfe des Grünen-Landeschefs Oliver Hildenbrand, verlautete aus Koalitionskreisen. Erst im zweiten Wahlgang war die CDU-Frau schließlich zur Vizepräsidentin gekürt worden, aber wiederum offenbar nicht mit allen Stimmen aus der Koalition.

Kurtz sieht keine Zeitprobleme

Kurtz sieht grundsätzlich keine zeitlichen Probleme durch die beiden Ämter; sie stehe weiter als Ausschussvorsitzende zur Verfügung. Auch Interessenkonflikte verneinte die CDU-Abgeordnete auf Anfrage: in beiden Funktionen sei sie fraktionsübergreifend tätig und zur Neutralität verpflichtet. Sie werde gemeinsam mit der CDU-Fraktion über die Forderung der Grünen beraten. Die nächste Sitzung des U-Ausschusses am nächsten Montag wird Kurtz in jedem Fall leiten. Im nicht öffentlichen Teil soll dann Wissenschaftsministerin Bauer zur verspäteten Vorlage von Akten gehört werden. Über diese hatte sich Kurtz „befremdet“ gezeigt, die Ministerin strapaziere damit die Geduld des Gremiums. „Ich kann das Ministerium nur auffordern, dem Untersuchungsausschuss mit mehr Ernsthaftigkeit zu begegnen“, fügte sie hinzu. Kurtz hatte sich im U-Ausschuss immer wieder selbst in die Befragung von Zeugen eingeschaltet, zuletzt bei der Anhörung der früheren Ludwigsburger Rektorin Claudia Stöckle. Dies und ihre Rolle als wissenschaftspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion hatte ihr den Ruf als Gegenspielerin von Bauer eingebracht.

Der Ausschuss hat inzwischen zwar einen erheblichen Teil seines Arbeitsprogrammes bewältigt, dürfte aber noch einige Monate in Anspruch nehmen. Zu Beginn jeder Sitzung wird eine lange Liste potenzieller Zeugen verlesen, die noch gehört werden könnten.