Für den Wahlkampf geht die Landtagskandidatin Muhterem Aras auch in der Gastro-Szene auf Stimmenfang.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

S-Süd - Der feuchtfröhliche Zug durch die Gemeinde startet mit einer Panne: Noch am frühen Abend haben die grüne Landtagsabgeordnete Muhterem Aras und ihre Helfer beim Häuserwahlkampf im Heusteigviertel die Klinken geputzt. Jetzt soll es vom Marienplatz aus auf eine Tour durch die Kneipenszene im Stuttgarter Süden gehen. An der Theke schnell ein Bierchen zischen und mit dem Wähler zwanglos ins Gespräch kommen – so hat sich das Wahlkampfteam der ersten Muslima im baden-württembergischen Parlament den Freitagabend vorgestellt.

 

Kneipentour jenseits des Marienplatzes

Die grünen Flyer mit dem Konterfei der Kandidatin allerdings liegen noch in der Kreisgeschäftsstelle – ein Mitarbeiter muss die in der Eile leider vergessenen Broschüren erst holen, bevor sich die 2011 mit mehr als 42 Prozent in den Landtag gewählte Stimmenkönigin der Grünen ins Getümmel stürzen kann. Den durch seine gastronomische Vielfalt als besonders hip geltenden Marienplatz, zumindest im Sommer ein weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannter Anziehungspunkt, lässt Muhterem Aras links liegen. Erste Station unter dem Motto „Was ist los im Süden“ ist das Lehen. Holzvertäfelte Wände, eine Speisekarte mit Hirsch und Schlachtplatte und ein bunt gemischtes Publikum, das auch als Querschnitt durch die grüne Stammwählerschaft durchgehen könnte. Groß vorstellen muss sich die grüne Landtagsabgeordnete in der im Jahr 1907 gegründeten Traditionswirtschaft jedenfalls nicht. „So lange Sie mich nicht mit dem Guido Wolf ablichten, habe ich kein Problem“, sagt ein Thekengast auf die Frage, ob ein Foto vom Gespräch mit der grünen Vorzeigefrau auch in der Zeitung veröffentlicht werden kann.

Zwischen Lärmschutz und attraktiver Ausgehmeile

Ihre Flyer freilich bringt Muhterem Aras beim Heimspiel im Lehen kaum unter die Wählerschaft. Das gilt auch für die zweite Station, die Imme. Der Barkeeper der Kiezkneipe bekennt beim Eintreffen der Kneipenbummler – unterwegs mit der 1966 in Anatolien geborenen Steuerfachfrau sind unter anderem Mitte-Bezirksbeirat Martin Ruoff und Landtagsmitarbeiterin Renate Hugendubel – jüngst einen Mitgliedsantrag ausgefüllt zu haben. Muhterem Aras tauscht sich mit Besucherinnen derweil begeistert über Kuttelrezepte aus. „Die sind so nett, die Leute, obwohl die mich gar nicht so kennen“, sagt sie auf dem Weg in die Mini-Bar an der Paulinenstraße. Und stellt fest, dass sich die Kneipenlandschaft in der Landeshauptstadt seit dem Sommermärchen, der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, gewaltig gewandelt hat. „Irre, was es inzwischen alles gibt“, sagt die Mutter von zwei Kindern – und gibt zu, sich im Gespräch mit dem eigenen Nachwuchs auch schon blamiert zu haben. „Mama, du bist peinlich“, sagte die fürs Nachtleben entlang der Theodor-Heuss-Straße schwärmende 18-jährige Tochter augenverdrehend, als ihre Mutter den Techno-Klub „Romy S.“ mit einem Kinofilm verwechselte.

In die letzte Station der Kneipentour, den als Whisky-Paradies neu erfundenen Billardsaal in einem Hinterhof-Keller an der Sophienstraße, käme die Tochter dafür noch gar nicht rein. Um von Kampftrink-Gelagen im gepflegten Ledersessel-Ambiente verschont zu bleiben, hat der Wirt ein Mindestalter von 25 Jahren gesetzt. Dafür gibt es allein hundert Sorten Gin und gut 300 Whiskys zu genießen. Der Bezirksbeirat Martin Ruoff weist beim Probierschluck noch auf die Gratwanderung zwischen einer attraktiven Gastro-Szene und dem nötigen Lärmschutz für die ruhebedürftige Nachbarschaft hin, dann geht die Kneipentour mit dem Currywurst-Abschluss beim Brunnenwirt zu Ende.