Ein Spitzenkandidat ist der wichtigste und meist bekannteste Kandidat einer Partei. Doch was genau macht einen Spitzenkandidaten aus?

Stuttgart - Eine Spitzenkandidatin oder ein Spitzenkandidat führt eine Partei in den Wahlkampf und ist somit ihre wichtigste Persönlichkeit. Bei einer Listenwahl belegt der Spitzenkandidat in aller Regel den ersten Listenplatz der Partei. Denn der mit dem höchsten Listenplatz hat auch die größten Chancen, die Wahl zu gewinnen – und das möchte die Partei bei einem Spitzenkandidaten fördern. Der Spitzenkandidat soll im Idealfall am Ende das wichtigste politische Amt übernehmen. Trotzdem sucht man diesen Titel in der Verfassung und im Wahlgesetz vergeblich. Er bezeichnet nämlich kein Amt und keine staatliche Funktion, er ist vielmehr ein Marketinginstrument in der politischen Auseinandersetzung.

 

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Spitzenkandidaten bei Landtagswahlen

Gerade auf Länderebene wird der Wahlkampf stark personalisiert. Der Grund: Selbst durchschnittlich an Politik interessierte Menschen verlieren im politischen Trubel leicht den Überblick. Wer Passanten auf der Straße fragt, ob sie den Namen einer Ministerin oder eines Abgeordneten kennen, wird meist verlegenes Schweigen ernten.

Das landespolitische Personal ist den Menschen ohnehin nicht so geläufig wie die bundespolitischen Protagonisten in Berlin. Und Parteiprogramme – nun ja, die sind etwas für Feinschmecker. Davon gibt es nicht allzu viele.

Die menschliche Ebene

Spitzenkandidaten ziehen die Politik also auf eine menschliche Ebene. Sie führen ihre Partei im Wahlkampf. Die Verantwortung, die auf ihnen lastet, ist entsprechend groß. Das gilt auch für die Fallhöhe: Haben sie bei der Wahl Erfolg, bestimmen sie auch weiterhin die Richtung ihrer Partei und bekleiden vielleicht sogar ein Regierungsamt. Bei einem krassen Misserfolg erwartet die Basis jedoch meist ihren Rückzug – zumindest bis in die zweite Reihe. Der Job des Spitzenkandidaten ist auch kein Erbhof, sondern er wird in jedem Wahlkampf neu vergeben. Auch kleine Parteien, die nicht die Aussicht haben, den Regierungschef zu stellen, küren eine solche Galionsfigur.

Auch Kanzlerkandidaten sind übrigens Spitzenkandidaten. Mit diesem Begriff verbindet sich jedoch der Anspruch, tatsächlich eine neue Bundesregierung zu führen. Als die FDP im Jahr 2002 ihren damaligen Vorsitzenden Guido Westerwelle zum Kanzlerkandidaten nominierte, trug ihr das viel Spott ein, denn man wertete dies als krasse Selbstüberschätzung. Manchmal wird eine solche Kandidatur deswegen auch als „Scheinkandidatur“ bezeichnet, weil von vornherein absehbar ist, dass der Spitzenkandidat das Amt nicht anstrebt bzw. nicht erreichen wird.

In der Bildergalerie sehen Sie die Spitzenkandidaten zur Landtagswahl in Baden-Württemberg 2021.