Rund 30 Parteimitglieder haben im Ratskeller die Kandidaten für Stuttgart gekürt. Dabei wurde kräftig gewettert gegen Bildungsnotstand und eine angebliche Islamisierung. Umfragen sehen die rechtspopulistische Partei derzeit bei fünf bis acht Prozent.

Stuttgart - Das Wort klingt martialisch: Mit einer „Herbstoffensive“ will die AfD ihre Chancen auf den Einzug in den Landtag bei der Wahl im März verbessern. Umfragen sehen die rechtspopulistische Partei derzeit bei fünf bis acht Prozent. Mit ihrem Zugpferd, dem AfD-Fraktionschef im Rathaus und früheren FDP-Stadtrat Bernd Klingler, rechnet sich auch der Stuttgarter Kreisverband Chancen aus.

 

Am Dienstagabend haben die AfD-Mitglieder ihre Landtagsbewerber auf den Schild gehoben: Klingler wird im Wahlkreis Stuttgart III (Nord) antreten, sein Stadtratskollege Eberhard Brett geht im Wahlkreis IV (Cannstatt/Neckarvororte) ins Rennen. Außerdem kandidieren der aus Russland stammende Alexander Beresowski (Wahlkreis I/Innenstadt) sowie Dirk Stroeder auf den Fildern (Wahlkreis II).

Beherrschendes Thema der Mitgliederversammlung: die Flüchtlingsthematik. Während sich Stadtrat Heinrich Fiechtner, der am Samstag in Göppingen zum dortigen Wahlkreiskandidaten gewählt worden war, diesmal mit einschlägigen Ausführungen zurückhielt, sprach Bernd Klingler erneut von einer „Invasion“. Er warnte vor einer schleichenden Islamisierung Stuttgarts und davor, dass alles Geld im Haushalt für Flüchtlinge ausgegeben und nichts für die Stadtbezirke getan werde. Alexander Beresowski, Mitglied der jüdischen Gemeinde in Stuttgart, kritisierte, dass sich Menschen jüdischen Glaubens nicht etwa von der NPD, sondern von Zuwanderern aus islamisch geprägten Ländern bedroht sähen. Dirk Stroeder warf der Bundesregierung vor, das Grundgesetz gebrochen zu haben und Flüchtlingen aus dem sicheren Drittland Österreich massenhaft die Einreise erlaubt zu haben. „Wer auf geltendes Recht pocht, ist deshalb noch lange kein Nazi“, so Stroeder unter dem Applaus der rund 30 anwesenden AfDler. Aber auch der Bildungsplan der grün-roten Landesregierung erregte die Gemüter. Klingler nannte die Protestaktion des Staatstheaters bei der sogenannten „Demo für alle“ am Wochenende, als dort ein Regenbogentransparent zum Zeichen der Vielfalt gehisst worden war, „unsäglich“. Zuletzt durfte dann noch der in Göppingen gegen den Parteifreund Fiechtner unterlegene Eberhard Brett über die angebliche Bildungsmisere klagen. Abiturienten von heute könnten Deutschlands Nachbarländer von Nord nach Süd im Uhrzeigersinn nicht mehr aufzählen, berichtete der Ex-Christdemokrat. Auf eine entsprechende Frage wusste er aber selbst nur zu antworten: „Es beginnt mit Dänemark und endet mit Dänemark.“

Am Montagabend bei der Sitzung des Bezirksbeirats Birkach hatte Brett einen Eklat ausgelöst. Dort stand das Thema Flüchtlinge auf der Tagesordnung. Laut Bezirksvorsteherin Andrea Lindel hatte er AfD-Broschüren mit dem Titel „Fakten zum Asylproblem“ verteilt. Lindel wies ihn daraufhin darauf hin, dass er gegen die Ordnung bei Bezirksbeiratssitzungen verstoße. Nach mehrmaliger Aufforderung verließ der Stadtrat den Saal, kam aber später zurück, um Visitenkarten zu verteilen.

Schon am 14. Juli war Brett bei einer Bezirksbeiratssitzung in Degerloch durch rechtspopulistische Äußerungen negativ aufgefallen.