In vielen Parteien treten in den Kreisen rund um Stuttgart prominente Kandidaten an, auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Wer hört auf, wer tritt wieder an – wir geben einen Überblick.

Stuttgart - Wer den politischen Wandel in Baden-Württemberg ermessen will, der muss ein Jahrzehnt zurückblicken. Bei der Landtagswahl 2011 gewann die CDU noch alle 13 Direktmandate in den fünf Kreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr. Vor fünf Jahren blieben zwei übrig – in den am Rand der Region liegenden Wahlkreisen Geislingen und Backnang. Oder andersrum: Im März 2016 holten die Grünen in elf Wahlkreisen rund um Stuttgart die meisten Stimmen und eroberten die Direktmandate. Verteidigen sie am 14. März den Vorsprung, der zwischen wenigen und bis zu zehn Prozentpunkten lag, oder bewegt sich das Pendel wieder in Richtung der CDU?

 

Schwierige Ausgangslage

Die Ausgangslage ist unübersichtlich. Da gewinnt in der als Grünen-Hochburg titulierten Landeshauptstadt mit Frank Nopper ein CDU-Kandidat die Oberbürgermeisterwahl, im 30 Kilometer entfernten Göppingen erobert zeitgleich mit Alexander Maier ein junger Landtagsabgeordneter der Grünen das Rathaus. Das liegt sicher zuerst an den Persönlichkeiten, aber dahinter verbirgt sich vielleicht doch ein Hinweis zumindest darauf, dass die politische Wechselbereitschaft der Wählerinnen und Wähler wächst.

Regionalwahl: Grün und Schwarz auf Augenhöhe

Bei der Regionalwahl vor zwei Jahren wurden die Grünen in der Region erstmals die stärkste politische Kraft, wenn auch mit hauchdünnem Vorsprung vor dem bisherigen Platzhirsch CDU. Allerdings waren die Grünen nur in Stuttgart vorne. Dort war der Vorsprung aber so deutlich, dass er den teilweise geringen Abstand zur CDU in den Kreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr im Gesamtergebnis in einen Sieg umwandeln konnte. Doch jeder Wahlforscher sagt, dass die Aussagekraft vergangener Wahlen, zumal zu anderen Gremien, begrenzt ist. Schließlich traten bei der Regionalwahl auch die dem bürgerlichen Lager zuzurechnenden Freien Wähler an. Dieser Name steht zwar nun auch auf dem Landtagswahlzettel, doch dabei handelt es sich um einen anderen Verband, der nichts zu tun hat mit den Freien Wählern in der Kommunalpolitik.

SPD ohne Drexler und Hofelich

Sicher freilich ist, dass in den Kreisen einige verdiente Landtagsabgeordnete nicht mehr antreten. Schon während der Legislaturperiode verabschiedete sich das Esslinger SPD-Urgestein Wolfgang Drexler, nun muss sich sein Nachrücker Nicolas Fink den Wählern stellen. Auch Peter Hofelich, seit 15 Jahren Abgeordneter und zwischenzeitlich Staatssekretär im Finanz- und Wirtschaftsministerium, tritt im Wahlkreis Göppingen nicht mehr für die SPD an. Bei der FDP ändert sich im Wahlkreis Waiblingen nur der Vorname: Statt des ehemaligen Justizministers Ulrich Goll kandidiert nun seine Frau Julia.

Konkurrenz bei den Grünen

Bei der CDU ziehen sich die Abgeordneten Karl Zimmermann (Wahlkreis Kirchheim/Teck), seit 2001 im Landtag, Paul Nemeth (Böblingen), Claus Paal (Schorndorf), Fabian Gramling (Bietigheim-Bissingen), den es in den Bundestag zieht, und Wilfried Klenk (Backnang), Staatssekretär im Innenministerium, zurück. Bei den Grünen treten Bernd Murschel (Leonberg), Willi Halder (Waiblingen), Daniel Renkonen (Bietigheim-Bissingen) und Ex-Kulturstaatssekretär Jürgen Walter (Ludwigsburg) nicht mehr an. Dabei ging es nicht ohne Reibereien ab: Renkonen verlor das interne Nominierungsrennen gegen Tayfon Tok; Walter warf den Ludwigsburger Grünen Intrigen vor und zog seine Kandidatur zurück; in Waiblingen tritt der Grünen-Lokalpolitiker Alfonso Fazio als unabhängiger Kandidat an, nachdem örtliche Bewerber, darunter seine Tochter, bei der Nominierung knapp unterlegen waren. Gegen ihn läuft nun ein Parteiausschlussverfahren. Das hinderte ihn freilich nicht, zum Kochduell gegen den CDU-Konkurrenten und Landtagsabgeordneten Siegfried Lorek anzutreten, was dem Wahlkampf eine zusätzliche Würze gab. Doch wer die Suppe auslöffeln muss, zeigt sich bei der Wahl.

Prominente Bewerber

Fast die Hälfte der 30 Landtagsabgeordneten aus den Kreisen rund um Stuttgart hört also auf, dazu gehört auch die auf dem AfD-Ticket gewählten und inzwischen fraktionslosen Harald Pfeiffer (Böblingen) und Heinrich Fiechtner (Göppingen). Zur anderen Hälfte derer, die erneut antreten, zählen viele prominente Namen – vor allem bei den Grünen. Regierungschef Winfried Kretschmann kandidiert wieder im Wahlkreis Nürtingen, den er 2016 erstmals gewann. Sein CDU-Konkurrent ist erneut Thaddäus Kunzmann, der Demografiebeauftragte der Landesregierung, der es vor fünf Jahren nicht mehr in den Landtag schaffte. Der Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz tritt im Wahlkreis Kirchheim an, seine Stellvertreterinnen Andrea Lindlohr in Esslingen und Thekla Walker in Böblingen.

Erneut bewerben sich für die CDU die stellvertretende Landtagspräsidentin Sabine Kurtz (Leonberg) und die Vizefraktionschefin und Verkehrsexpertin Nicole Razavi (Geislingen). Auch die stellvertretenden Fraktionschefs von SPD, Sascha Binder (Geislingen), und FDP, Jochen Haußmann (Schorndorf), treten wieder an. Sie müssen wie die Verlierer im Grünen-CDU-Duell auf viele Stimmen für das Zweitmandat hoffen.