Warum können die Fernsehsender bereits kurz nach 18 Uhr eine zumeist ziemlich gute Prognose über das Wahlergebnis abgeben? Und wann steht das endgültige Ergebnis fest? Wir erklären, was Meinungsforscher am Wahlabend machen.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - An diesem Sonntag dürfen 4,38 Millionen Männer und Frauen in Hessen über einen neuen Landtag abstimmen. Die Wahllokale sind von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Nur Sekunden später werden die Fernsehsender bereits erste Zahlen zum Wahlergebnis präsentieren. Wie funktioniert das eigentlich? Und wie nah sind diese Werte am endgültigen Wahlergebnis?

 

Das Wahlrecht: Der Wähler allein in der Kabine

Die Wähler in Hessen dürfen auf ihrem Wahlzettel zwei Kreuze machen. Mit der Erststimme wählen sie einen Direktkandidaten in ihrem Wahlkreis, mit der Zweitstimme oder Landesstimme eine Partei. Die Zweitstimme ist entscheidend für die Zusammensetzung des neuen Landtags und die Kräfteverhältnisse. Ansonsten gilt wie in anderen Ländern oder bei der Bundestagswahl: Eine Partei muss auf mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen kommen, um in den Landtag zu kommen.

Der hessischen Landesverfassung zufolge gehören dem Landtag in der Regel 110 Abgeordnete an. Erringt eine Partei aber mehr Direktmandate in den 55 Wahlkreisen, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis eigentlich zustehen würden, kommt es zu Überhang- und Ausgleichsmandaten - sprich: Auch für die anderen Parteien ziehen noch weitere Kandidaten in den Landtag ein, bis das Verhältnis wieder einigermaßen stimmt.

Umfragen: Alles nur Momentaufnahmen

Bereits in den Wochen vor einer Wahl versuchen die Meinungsforschungsinstitute zu erkunden, wie die politische Stimmung im Land ist. Ihre Umfragen, für die in der Regel zwischen 1000 und 2000 repräsentativ ausgewählte Bürger befragt werden, geben allerdings immer nur die aktuelle Stimmungslage wider. Nicht selten weichen diese Umfragen stark ab vom späteren Wahlergebnis.

Die 18-Uhr-Prognose: Nachgefragt am Wahllokal

Unmittelbar nach Schließung der Wahllokale präsentieren die Moderatoren in den TV-Studios Wahlprognosen, die ihnen kurz vorher von den Meinungsforschungsinstituten übermittelt wurden. Diese Prognose beruht auf den sogenannten „Exit Polls“ – also auf der Befragung von Wählerinnen und Wählern nach dem Verlassen des Wahllokals. Während des gesamten Wahltags standen Mitarbeiter der Forschungsgruppe Wahlen (ZDF), von Infratest dimap (ARD) oder anderen Instituten vor zufällig ausgewählten Wahllokalen, wo sie ebenfalls nach dem Zufallsprinzip Wähler zu ihrem tatsächlichen Abstimmungsverhalten befragen.

Um zu einer halbwegs genauen Prognose über das Gesamt-Wahlergebnis zu kommen, müssen die Resultate dieser Befragungen allerdings von den Wahlforschern gewichtet werden. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass in das tatsächliche Wahlergebnis auch die Stimmen der Briefwähler einfließen. Jedes Meinungsforschungsinstitut hat seine eigene Rezeptur, wie es aus den „Exit Polls“ seine 18-Uhr-Prognose errechnet. Diese Prognosen sind oft erstaunlich präzise. Aber immer wieder weichen sie vom späteren Endergebnis der Wahl auch kräftig ab – manchmal können das drei, vier Prozentpunkte sein.

Hochrechnungen: Jetzt wird es immer genauer

Etwa eine Viertelstunde nach 18.00 Uhr kann der Zuschauer die ersten Hochrechnungen zur Wahl im Fernsehen sehen. Im Gegensatz zur Prognose, die auf den Befragungen vor den Wahllokalen beruht, basieren Hochrechnungen auf den amtlichen Auszählungen in zufällig ausgewählten Stimmbezirken. Mitarbeiter der Meinungsforschungsinstitute geben diese Daten an ihre Kollegen in den Wahlstudios durch. Im Laufe des Wahlabends stehen dann immer mehr amtliche Teilergebnisse aus den Wahlkreisen zur Verfügung. „Damit kann schrittweise immer exakter das Wahlergebnis hochgerechnet werden“, sagt die Forschungsgruppe Wahlen. Je später der Wahlabend, desto genauer sind dann auch die Berechnungen zu den Sitzverteilungen im Landtag.

Vorläufiges Endergebnis: Der Wahlleiter spricht

Bis ein amtliches Wahlergebnis verkündet wird, müssen die Fernsehzuschauer dann noch eine ganze Weile ausharren. Oft dauert es bis kurz vor Mitternacht oder sogar darüber hinaus, bis der Landeswahlleiter das vorläufige amtliche Endergebnis mitteilt. In Hessen wird traditionell der Leiter der Rechtsabteilung im Innenministerium mit der Funktion des Landeswahlleiters betraut. Kleinere Parteien müssen manchmal bis zum Schluss zittern, ob sie den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft haben oder nicht.