Der Ausgang der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz wird nach der Aufholjagd der SPD spannend: Amtsinhaberin Malu Dreyer und CDU-Herausforderin Julia Klöckner liegen praktisch gleichauf. Die Grünen schwächeln erheblich.

Mainz - Vor dem Wahlsonntag in Rheinland-Pfalz ist nur eines schon klar: Auch danach wird das Land an Rhein und Mosel von einer Frau regiert werden. Ob die bisherige Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) weitermachen kann oder von ihrer Herausforderin Julia Klöckner abgelöst wird, bleibt die überaus spannende Frage. Lange sah die 43-jährige CDU-Spitzenkandidatin wie die sichere Siegerin aus. Noch im November lag ihre Partei mit 41 Prozent zehn bis elf Punkte vor der SPD. Doch dann schmolz der Vorsprung zusammen, zu Beginn der Woche zeigten zwei Umfragen erstmals beide großen Parteien mit je 35 Prozent gleichauf; die letzte Umfrage am Donnerstag sah erstmals Dreyer hauchdünn vorn.

 

Dreyer und die SPD haben also zu einer gewaltigen Aufholjagd angesetzt, und viele ihrer Mitstreiter hoffen jetzt, dass die 55-Jährige am Sonntagabend die Nase vorn hat. Ob die Rechnung aufgeht, ist offen, zumal diesmal bereits besonders viele Briefwahlstimmen abgegeben wurden. Doch zumindest erscheint das Rennen wieder offen, es hat sich für die SPD ausgezahlt, im Endspurt ganz auf die Beliebtheit der Ministerpräsidentin zu setzen, die bei den persönlichen Umfragewerten schon von Anfang an vor ihrer Rivalin lag.

Der Plan A2 für die Flüchtlingspolitik verwirrt

Nicht erst seit ihrem starken Abschneiden bei den hessischen Kommunalwahlen beeinflusst die rechtspopulistische AfD auch stark den Wahlkampf in Rheinland-Pfalz. Die Newcomer setzen fast ausschließlich auf die Flüchtlingspolitik und liegen den Meinungsforschern zufolge im Land bei rund neun Prozent. Ob es sich für CDU-Kandidatin Klöckner auszahlen wird, sich mitten im Wahlkampf mit ihrem Flüchtlingsplan „A2“ ein Stück weit von Bundeskanzlerin Angela Merkel abzusetzen, ist umstritten. Sie betont, ihre Forderung nach Einrichtung von Wartezonen an der deutschen Grenze, von der aus Flüchtlinge nur noch in wechselnden Tageskontingenten ins Landesinnere einreisen sollen, stehe nicht im Widerspruch zu Merkel. Klöckner argumentiert, die Kanzlerin setze sich zu Recht für eine europäische Lösung ein, als Landespolitikerin vertrete sie selbst die Interessen der Kommunen, die dringend eine Atempause benötigten.

Im einzigen direkten TV-Duell der beiden Kandidatinnen legte Dreyer gleichwohl den Finger in die Wunde und sagte: „Ich stehe deutlicher hinter der Strategie der Kanzlerin als Sie, liebe Frau Klöckner.“ Der Herausforderin warf sie vor, der eigenen Parteichefin Merkel in den Rücken zu fallen. Doch wenn es um die direkte Auseinandersetzung mit der AfD geht, macht eher Klöckner den Punkt. Die Weigerung der Ministerpräsidentin, in die Elefantenrunde des SWR zu gehen, weil sie nicht an einem Tisch mit einem Vertreter der Rechtspartei sitzen will, kreidet die CDU-Politikerin Dreyer als Fehler an. Man solle die AfD in solchen Runden demaskieren.

Die Grünen drohen zerrieben zu werden

In ihren Wahlkampfreden zum Thema Flüchtlinge schlägt Klöckner leicht feministische Töne an. Immer wieder pocht sie darauf, dass auch muslimische Zuwanderer die Gleichberechtigung der Frau respektieren müssten. Wenn signalisiert werde, dass ihr ein Imam den Handschlag verweigere, verzichte sie auf die Begegnung. Und Flüchtlinge, die sich weigerten, das Essen in der Unterkunft von einer Frau anzunehmen, „haben dann eben schon gegessen“, sagt sie unter Beifall. Dreyer ist von solchen Vorfällen nichts bekannt; sie fragte Klöckner in der TV-Runde rhetorisch, ob sie wirklich in Rheinland-Pfalz lebe. Im Übrigen verweist die Ministerpräsidentin darauf, dass in ihrem Land die Flüchtlinge schon lange tagesaktuell registriert würden – inklusive Fingerabdruck und Abgleich mit dem Bundeskriminalamt.

Im Übrigen versuchen Dreyer und Klöckner auch andere Themen anzusprechen. Bei Dreyer sind dies der Ausbau der Digitalisierung und der Erhalt der gebührenfreien Kinderbetreuung, die nur mit der SPD gesichert sei. Und Klöckner prangert gerne „Schreibenlernen nach Gehör“ an den Grundschulen als Irrweg an und fordert Straßen und Brücken, über die man auch fahren könne.

Mit einer Spitzenkandidatin treten auch die Grünen an, nämlich Wirtschaftsministerin Eveline Lemke. Doch die Partei droht im Duell der Gigantinnen Dreyer und Klöckner unter die Räder zu geraten.In den letzten Umfragen ist der Koalitionspartner der SPD von gut 15 auf nur noch 5,5 Prozent abgerutscht. Die 2011 gescheiterte FDP kann mit aktuell etwa sieben Prozent auf ihre Rückkehr in den Landtag hoffen. Allerdings reicht es demnach weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Gelb. Eine große Koalition wird wahrscheinlicher; fragt sich nur, ob unter Dreyer oder Klöckner.