Der Wahlkreis mit Bad Cannstatt und den östlichen Neckarorten war von jeher zwischen CDU, SPD und zuletzt den Grünen umkämpft. Letztere lagen 2016 mit rund zwölf Prozentpunkten in Führung. Doch ein früherer CDU-Abgeordneter will nun noch einmal versuchen, das Direktmandat zurückzugewinnen.

Stuttgart - Die zweimalige Gewinnerin des Direktmandats im Wahlkreis Stuttgart IV, nämlich Brigitte Lösch von den Grünen, hat sich aus der Landespolitik zurückgezogen. Wem könnte die direkte Vertretung von Bad Cannstatt und den anderen östlichen Neckarorten in Stuttgart von den Wählern dann diesmal übertragen werden? Im Fokus sind da besonders die neue Grünen-Kandidatin Petra Olschowski und der Christdemokrat Roland Schmid, der aus Bad Cannstatt und somit aus der Mitte des Wahlkreises stammt, dort gut vernetzt ist, hier auch schon Abgeordneter war, 2016 aber auch im Rennen um das Direktmandat verloren hat – gegen Brigitte Lösch. Vielleicht wird auf diesen Wahlkreis 2016 aber auch wieder einmal ein Zweitmandat entfallen. Hier ein Überblick, wer als Kandidatin oder Kandidat der wichtigsten Gruppierungen antritt.

 

Petra Olschowski

Sie ist 55 Jahre alt und in Stuttgart geboren. Sie machte eine Lehre als Einzelhandelskauffrau im Kunsthandel, studierte Kunstgeschichte und Germanistik, arbeitete als Redakteurin der Stuttgarter Zeitung, war Geschäftsführerin der Kunststiftung Baden-Württemberg und Rektorin der Stuttgarter Kunstakademie. 2016 wurde sie Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Nun möchte sie auch im Parlament eine Stimme als Grünen-Abgeordnete haben und dort die Menschen vertreten. Anliegen sind für sie Klimaschutz und Vielfalt, lebenswerte Städte, Vorrang für Bildung für Kinder, starke Wirtschaft, Freiheit und Demokratie.

Roland Schmid

Der jetzt 64-jährige Christdemokrat wurde in Bad Cannstatt geboren und ist dort auch daheim. Er studierte Jura in Heidelberg und Tübingen und arbeitete 1987 bis 1996 im Kultusministerium, wohin er 2001 nach fünf Jahren im Landtag zunächst zurückkehrte. 2016 scheiterte seine erneute Kandidatur für den Landtag. Heute arbeitet er als selbstständiger Anwalt. Seit 2014 ist der Vater von drei erwachsenen Kindern auch Regionalrat. Zudem gehört er dem Bezirksbeirat an und leitet den Turnverein Cannstatt. 20 Jahre lang war er Stadtrat. Er möchte die Infrastruktur ausbauen, Mobilität und Arbeitsplätze zukunftsfähig machen, auch „Ökonomie und Ökologie zusammenbringen“.

Katrin Steinhülb-Joos

Auch sie wurde in Bad Cannstatt geboren und ist dort aufgewachsen. Die jetzt 55-jährige Lehrerin leitet seit 2012 die Altenburgschule in Cannstatt, eine Gemeinschaftsschule. Sie ist verheiratet und hat drei Kinder, die studieren. Lange Zeit war sie aktive Fechterin. Politisch steht die SPD-Kandidatin besonders für die Forderung nach gerechten Bildungschancen, nach Zuschussverteilung für die Schulen entlang der Sozialatlasdaten, nach mehr Investitionen in Bildung, nach Ertüchtigung der Schulen zum digitalen Unterricht sowie nach der Verstetigung von Klimaschutz und den Abbau der Kohlendioxidemissionen.

Thilo Scholpp

Der 53-jährige Liberale ist einst in Stuttgart-Wangen aufgewachsen und ist ein selbstständiger IT-Netzwerkspezialist, der mit seiner Frau und seiner Tochter jetzt in Gablenberg wohnt. Er studierte Informatik und Mathematik an der Uni Stuttgart und Mineralogie in Tübingen. An der ETH Zürich wurde er promoviert – mit einer Arbeit über dekagonale Quasikristalle. Er liebt die Berge, das Kitesurfen und Südafrika. Seine Programmschwerpunkte sind Wirtschaft, Mittelstand, Bürokratieabbau und Automobilstandort. Er möchte den Standort fit für die Zukunft machen – mit moderner Bildung, digitaler Infrastruktur, Technologieoffenheit und Innovationskraft.

Ursel Beck

Sie ist 66 Jahre alt, Rentnerin und stammt aus dem Kreis Schwäbisch Hall, lebt aber in Stuttgart, seit sie 1977 ihr Studium der Agrarwissenschaften begann. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Bekannt wurde sie als Mitbegründerin und Aktivistin der Mieterinitiativen Stuttgart, und sie ist, wie sie selbst formuliert, seit 50 Jahren aktiv für den Sozialismus. Die Kandidatin der Linken sieht den Landtag auch als Bühne, um besser für Sozialismus und gegen Rassismus und Populismus kämpfen zu können. Sie kündigte an, sie würde von den Abgeordnetendiäten maximal 1000 Euro netto pro Monat behalten, den Rest der Partei und ihr nahe stehenden Initiativen spenden.

Jörg Feuerbacher

Er wurde in Leonberg geboren. Der 52-jährige AfD-Kandidat ist verheiratet, Vater von zwei erwachsenen Kindern und lebt im Stuttgarter Osten. Der Berufskraftfahrer sagt, er habe auf Fahrten in ganz Europa gelernt, dass sich die Hoffnungen aller Menschen gleichen: Sie wollten ein freies, unversehrtes Leben für sich und ihre Familien, sichere Arbeitsplätze, bezahlbare Wohnungen sowie flächendeckende Versorgung im Bildungs- und Gesundheitswesen. Diese Grundpfeiler der Gesellschaft dürften nicht durch ideologische Fantasien gefährdet werden. Wie andere AfD-Kandidaten kritisiert er „überzogene“ Maßnahmen gegen die Coronapandemie.