Vor der Landtagswahl in Brandenburg herrscht keine Wechselstimmung. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Dietmar Woidke wird wohl im Amt bleiben.

Potsdam - Eine Premiere ist den Brandenburgern bei der Landtagswahl am Sonntag gewiss: Zum ersten Mal sind unter den 2,1 Millionen Wahlberechtigten auch Jugendliche mit mindestens 16 Jahren. In keinem anderen Flächenland gibt es bislang Erfahrungen mit der Absenkung des Wahlalters für die Landtagswahl, lediglich in Bremen durften Jugendliche schon über die Bürgerschaft abstimmen. Ob diese Neuerung sich positiv auf die Wahlbeteiligung auswirken wird, dazu wagt derzeit keiner einer Prognose.

 

Eher vorhersehbar ist dagegen, dass der alte auch der neue Ministerpräsident bleiben wird: Die SPD von Regierungschef Dietmar Woidke (52), der erst vor einem Jahr das Amt vom gesundheitlich angeschlagenen Vorgänger Matthias Platzeck übernahm und jetzt vor seiner ersten Wahl steht, liegt in den Umfragen klar vorn. Die Demoskopen des Meinungsforschungsinstituts Forsa sahen die Sozialdemokraten am Freitag bei 32,5 Prozent – parteiintern wird schon jetzt jedes Ergebnis über 30 Prozent als Erfolg für Woidke vorausgedeutet, da sein Amtsvorgänger vor fünf Jahren mit 33 Prozent gewählt wurde.

Woidke vermeidet bisher eine Koalitionsaussage

Nicht nur dem Amtsinhaber, sondern auch den Herausforderern von CDU und Linkspartei wurde teilweise ein „Kuschelwahlkampf“ vorgeworfen – auf den Plakaten sah man viel Lächeln und Landschaft, Kontroversen gab es kaum. Das ist nicht verwunderlich, da sowohl die Linke als bisheriger Koalitionspartner als auch die CDU um die Gunst der SPD buhlen müssen, wenn sie regieren wollen.

Woidke vermied bisher eine Koalitionsaussage, auch wenn der ehemalige Gegner von Rot-Rot gegen Ende des Wahlkampfes seine Präferenz für die Fortsetzung des bestehenden Bündnisses erkennen ließ. Es gebe keinen Grund, „die Pferde zu wechseln“. Es könnte aber sein, dass die SPD etwas höheren Aufwand treiben muss, um zu erklären, weshalb: die Linkspartei mit ihrem Spitzenkandidaten Christian Görke muss den Umfragen zufolge nach fünf Jahren des Mitregierens mit deutlichen Verlusten rechnen und wurde zuletzt bei 20 Prozent gesehen.

Umfragen sehen die AfD bei fast zehn Prozent

Dagegen könnte die CDU deutlich aufholen. Die Christdemokraten liegen aktuell bei 24 Prozent. Das muss nicht unbedingt an ihrem relativ unbekannten Spitzenkandidaten Michael Schierack liegen, der im Wahlkampf mitunter nicht sehr souverän wirkte. Der Orthopäde sitzt erst seit 2009 im Landtag. Als Leistung rechnet die Partei es ihm an, dass die lange Phase zermürbender Streitigkeiten beendet scheint, seit Schierack 2012 den Landesvorsitz übernommen hat. Seit Jahresanfang leitet Schierack die Fraktion.

Ein Gewinner der Wahl wird – wie auch schon in Sachsen – voraussichtlich die europakritische und rechtspopulistische AfD werden, die zuletzt bei 9,5 Prozent gesehen wurde. Das wäre ein Wert, den noch keine neue Partei aus dem Stand erreicht hätte. Wie groß die persönliche Rolle ist, die der im Land relativ bekannte Spitzenkandidat Alexander Gauland (73) dabei spielt, ist schwer zu bewerten. Gauland war viele Jahre CDU-Mitglied, von 1987 bis 1991 Leiter der hessischen Staatskanzlei und lange Herausgeber der „Märkischen Allgemeinen“. Aufsehen erregt seine russlandfreundliche Position, die in der AfD zu heftigem Streit mit Parteichef Lucke führte. Gauland hatte sich so sehr über die Zustimmung seiner Parteifreunde zur einer russlandkritischen Resolution im EU-Parlament geärgert, dass er erwogen hatte, seine Kandidatur aufzugeben.

Unter den kleinen Parteien haben sonst nur noch die Grünen Chancen, wieder in den Potsdamer Landtag einzuziehen – sie werden bei fünf bis sechs Prozent gesehen. Die FDP dagegen wird wohl nach Sachsen auch aus diesem Landtag ausscheiden. Als chancenlos gelten diesmal die Rechtsextremen, für die über mehrere Legislaturperioden die DVU mehrere Sitze innehatte.