Für die Kühe muss es eine Qual gewesen sein: wenn sie sich hinlegten, lagen sie im eigenen Kot, zwei Tieren war die Anbindekette so eng geworden, dass sie eingewachsen war, ein Kälbchen war ohne Wasser. „Es ist halt so passiert“, sagt der Landwirt vor dem Göppinger Amtsgericht.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Eigentlich sind die Veterinäre des Göppinger Landratsamtes nur auf den Hof gekommen, um zu kontrollieren, warum die Keimzahl in der Milch überschritten gewesen war. Dann aber warfen sie einen Blick in den Stall und waren entsetzt. Die Kühe befanden sich in einem erbärmlichen Zustand. Offenbar war der Stall lange nicht ordentlich ausgemistet worden. Dicke Kotplatten hafteten auf dem Fell, weil sich die Tiere in ihren eigenen Dung legen mussten. Die Klauen waren viel zu lang und bogen sich nach oben. Ein Kälbchen mit Durchfall hatte kein Wasser. Zwei Rindern war die Anbindekette so eng geworden, dass das Metall im Nacken bis zu zwei Zentimeter tief eingewachsen war.

 

„Wenn man näher hinging, hat man den Eiter schon gerochen“, sagte die Amtstierärztin vor Gericht. Verantwortlich für die Zustände auf dem kleinen Bauernhof im Kreis Göppingen sollen ein Landwirt und sein Sohn gewesen sein. Der 71-Jährige war schon 2007 und 2011wegen Tierquälerei zu einer hohen Geldstrafe und zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Dem bereits vorbereiteten Tierhaltungsverbot entging er aber, in dem er den Betrieb flugs an seinen Sohn verpachtete. „Für uns klang das plausibel“, sagte der Abteilungsleiter für Lebensmittelüberwachung im Kreis, Stephan Ludwig.

Hofübergabe nur zum Schein

Wie sich vor Gericht herausstellte, war der Betriebsübergang aber nur pro forma geschehen. „Mein Vater sollte seine Bauernrente bekommen“, sagte der 23-Jährige vor Gericht. Er sei Metallbauer und viel auf Montage unterwegs. Zudem wohne er gar nicht auf dem Hof und habe bei seinen seltenen Besuchen nicht in den Stall geschaut. Von den Vorstrafen seines Vaters wisse er nichts. „Früher war der Hof immer in tadellosem Zustand.“ Allerdings liegt dies schon viele Jahre zurück. Als Kind war er mit der Mutter ausgezogen. Das Gericht stellte das Verfahren gegen den Sohn gegen die Zahlung von 1500 Euro an den Tierschutzverein ein.

Nicht mal mehr eine Katze darf sich der Bauer halten

„Ich muss mich entschuldigen. Es ist halt so passiert“, sagte der Vater, der mit einem Rollator in den Gerichtssaal gekommen war. Schon bei der Kontrolle war er gesundheitlich angeschlagen gewesen. „Er wirkte erschöpft, müde und gebrechlich“, sagte die Amtstierärztin. Sieben Jahre zuvor war dies anders gewesen. Damals hatte er die Veterinäre mit Mist beworfen, so dass sie Polizeischutz anfordern mussten. Der Gesundheitszustand war für den Richter am Ende aber nicht ausschlaggebend. „Eigentlich müsste ich Sie ins Gefängnis schicken.“ Dennoch beließ er es bei einer halbjährigen Bewährungsstrafe, schließlich sei eine Wiederholung ausgeschlossen. Dem zwischenzeitlich verhängten Tierhalteverbot kam er umgehend nach. Alle Rinder wurden zum Schlachter gebracht. Und dann warnte der Richter den Altbauern: „Kommen Sie nicht auf die Idee, sich einen Hund oder eine Katze herzutun, denn sonst könnten Sie lange Zeit sitzen.“